Moltmann: Wer ist Christus für uns heute?

Für Dogmatik werde ich eine Arbeit über Jürgen Moltmanns Theologie der Hoffnung schreiben. Um erstmal einen Überblick über Moltmanns Theologie zu bekommen, schaue ich erst einmal in sein Buch Wer ist Christus für uns heute? (1994) rein. Schon auf der ersten Seite des Vorworts lese ich dort einen Absatz, den ich einfach zitieren muss, weil ich ihn so gut finde. Und es thematisch auch gut zu meinem Unterricht der letzten Tage passt und das nicht nur zu einem Fach, sondern zu allen (Missionslehre, Dogmatik, NT Theologie und Homiletik Seminar):

Wer ist Christus für uns heute? Die Antwort auf diese Frage ist nicht nur eine Antwort des Verstandes, sondern immer auch eine Antwort des Lebens. Das Bekenntnis zu Christus und die Nachfolge Christi sind zwei Seiten derselben Sache: das Leben in der Christusgemeinschaft. Wir brauchen eine Antwort auf diese Frage, mit der wir leben und sterben können. Jede Christologie ist darum auf Christopraxis bezogen und an ihr auf ihre Glaubwürdigkeit zu prüfen. Wir glauben an Christus mit all unseren Sinnen und mit unserem gelebten Leben, so wie man auch an Gott nur glauben kann mit ganzem Herzen und mit allen Sinnen.

[Moltmann, Wer ist Christus für uns heute?, 7]

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sakralsäkular

Das Gespräch “Ein Highlight aus Greifswald” beschäftigt mich noch immer (in Kombination mit Gesprächen, die ich selber schon geführt habe und Gedanken, die ich gerade lese). Neben der Frage, ob etwas nachvollziehbar ist, über die ich gestern schrieb, gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, warum es traditionell-evangelikal denkenden Menschen schwer fällt, “emergentes” Handeln und Denken zu verstehen: Die aufgehobene Trennung zwischen säkular-weltlichen und sakral-göttlichen Dingen.
Eddie Gibbs & Ryan K. Bolger schreiben darüber in Emerging Churches ein ganzes Kapitel (Kapitel 4: “Transforming Secular Space”):

Bei “Sakralisation” [dem Prozess alles im Leben sakral/geistlich/heilig zu machen] geht es in Emerging Churches um eine Sache: Die Zerstörung der sakral/säkular-Aufteilung der Moderne. Die Moderne war geprägt von der Geburt der Idee des säkularen Raums, das ist die Idee eines Bereichs ohne Gott. Vor dieser Zeit waren in jeder Kultur alle Bereiche des Lebens geistlich; es war unmöglich einige Handlungen als “religiös” und andere als nicht zu bezeichnen. […]
Der Postmoderne (oder Nicht-Moderne) geht es um die Heiligkeit des ganzen Lebens. Für Emerging Churches bedeutet das, das ganze Leben an Gott in Anbetung zu übergeben und das Handeln Gottes in ehemals ungeistlichen Dingen oder Aktivitäten zu erkennen.

[Gibbs/Bolger, Emerging Churches, 66 – eigene Übersetzung]

Wenn ich von dieser sakral/säkular-Aufteilung ausgehe, kann ich natürlich den Sinn eines Cafés ohne klar evangelistisches Ziel nicht so gut erkennen. Auf diese Trennung bzw. auf die Nicht-Trennung weisen auch Onkel Toby und Depone in ihren Kommentaren hin.
Auch Gofi schreibt darüber in dem gestern zitierten Artikel in ZeitGeist unter der Überschrift “Alles ist Gottesdienst” (dort berichtet er auch von der faszinierenden “Chaos-Kirche” bei ihm zu Hause).
Ja, alles ist Gottesdienst (vgl. Römer 12,1-2 & 1. Korinther 10,31)!
Ich möchte Gottes Handeln überall sehen – an vielen Stellen kann ich es auch schon erkennen.
Ich möchte eine Tasse Kaffee genießen, ich möchte Gott genießen.
Ich möchte mitwirken, wo Gott schon wirkt.
In dieser Welt.


PS: Mir geht es in diesen Einträgen nicht darum, auf Evangelikalen herumzutrampeln oder so, ich bin ja selbst einer…

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nachvollziehbar

Unter den vielen spannenden und in ihrer Vielfalt lesenswerten Berichten aus Greifswald sticht besonders die Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen einem “Evangelikalen” und einem “Emergenten” bei Simon unter dem Titel “ein Highlight aus Greifswald” heraus. Dieses Gespräch zeigt, wie unterschiedlich manche Vorstellungen von Gemeinde und “Evangelisation” sein können.
Hier ein Ausschnitt:

E: Nochmal zu eurem Cafe. Also für mich klingt das so, als ob ihr das Cafe macht, aber ganz bewusst erst einmal nichts über euren Glauben erzählt, weil die Leute sonst abgeschreckt wären, aber wenn sie euch dann fragen, dann führt ihr sie schon dahin, dass sie zu einer Lebenswende kommen.

D: So ungefähr, ja.

E: Irgendwie ist mir das alles zu schwammig.

D: Stimmt … ja … ist ja auch ganz bewusst so. Vielleicht kann man das so ähnlich sagen, wie der Hempelmann gestern in seinem Vortrag, dass wir einfach die Präsenz Gottes dort an dem Ort leben wollen.

E: (wieder zunehmend verwirrt): Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Funktion von dem Cafe in eurer Gemeindestrategie immer noch nicht richtig verstanden hab. Offenbar ist es für euch nicht wirklich ein evangelistisches Werkzeug, wenn es auch gar nicht so oft zu Glaubensgesprächen kommt?

D: Da hast du Recht – als ein Werkzeug sehen wir es eigentlich nicht.

(Lest doch auch den Rest des Gesprächs und die Diskussion in den Kommentaren.)

Dazu passt sehr gut das Kapitel “Warum wir eine Theologie des Alltags brauchen” von Gofi Müller in ZeitGeist. Gofi schreibt darüber wie unsere Gesellschaft und auch unsere Gemeinden immer mehr durch wirtschaftliche Gedanken geprägt sind. Gofi macht drei Vorschläge, wie wir heute unseren Glauben “relevant” leben könnten:

gelebte Liebe gegenüber jedem, im Alltag gelebter Gottesdienst, anhaltendes Gebet

[ZeitGeist, 136]

Dazu schreibt er dann noch:

Mein Verdacht ist, dass diese drei Aspekte eines jesus-mäßigen Lebens einen entscheidenden Nachteil haben: Sie sind in ihrer ‚Effizienz‘, ihrer ‚Nachhaltigkeit‘ (oder welchen Begriff wir auch immer aus dem Bereich der Wirtschaft borgen wollen) nicht nachvollziehbar. Wir haben nichts zu prahlen. Es ist uns letztlich nicht klar, was wir eigentlich bewirken. Es stehen am Ende keine Zahlen, keine Zuwächse, keine Erfolge. Nur Gott allein weiß, was wir durch unser Verhalten ausgelöst haben. Und das ist uns unangenehm.

[ZeitGeist, 137]

Nachvollziehbarkeit. Das ist glaube ich eins der Hindernisse, das das Verstehen der “emergenten” Gedanken und vor allem des Handels schwierig macht. Die deutsche Gemeindelandschaft ist von nachvollziehbaren (Mitglieds-)Statistiken (und wie viel Leute besuchen euren Gottesdienst?), konkreten 7-Schritte-Plänen, überprüfbaren Qualitätsmerkmalen etc. geprägt. Und dann kommen plötzlich Leute, die einfach so ein Cafe machen, ohne das dies eine klare “Funktion in der Gemeindestrategie” hat. Ist das noch nachvollziehbar?
Ist unser Glaube nachvollziehbar? Ist Gottes Handeln nachvollziehbar?

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Zitat für den Augenblick 028

About a boy, High Fidelity und Speaking with the Angel habe ich schon vor Jahren gelesen. Und seitdem möchte ich eigentlich noch mehr von Nick Hornby lesen. Auch wenn seine Bücher nicht ganz so genial sind wie die von Paul Auster, sind sie doch eine unterhaltsame und intelligente Bettlektüre.
Im Sommer hat mir dann Peter von How to Be Good erzählt (was ich sowieso mal lesen wollte) und in England fand ich es dann für ca. 1 Euro in einem Charity-Shop und habe natürlich zugeschlagen. Nach 4/5 des Buches kann ich es schon weiterempfehlen. Ich möchte jetzt gar nicht die Handlung verraten, aber als ich gestern den Schluss des 11. Kapitels las, dachte ich mir, dass ich das mal zitieren könnte:

When I look at my sins (and if I think they’re sins, then they are sins), I can see the appeal of born-again Christianity. I suspect that it’s not the Christianity that is so alluring; it’s the rebirth. Because who wouldn’t wish to start all over again?

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10 Fragen an den Bücherfreund

Nach längerer Pause trifft mich mal wieder ein Stöckchen, diesmal von TobiZ.

1. Welches ist das längste und/oder langweiligste Buch, durch das Du Dich, aus welchen Gründen auch immer, erfolgreich hindurchgekämpft hast?
Den Grund weiß ich noch (=Schule), aber welches Buch es war?

2. Von welchem Autor kannst Du behaupten: “Von dem (oder der) habe ich wirklich jedes Buch gelesen!”
Von Paul Auster (Die New York-Trilogie etc.) und auch Chuck Palaniuk (Fight Club etc.) habe ich einiges gelesen, aber leider noch nicht alles. Ansonsten wahrscheinlich nur irgendwelche Autoren, die nur ein Buch geschrieben haben 🙂

3. Welches ist Dein liebster Klassiker (vor mindestens 50 Jahren veröffentlicht)?
Schuld und Sühne von Dostojewskij hat mich schon beeindruckt – ich lese aber ansonsten selten Bücher, die so alt sind (und ich habe keine Lust mit “die Bibel” zu antworten).

4. Welchen Titel hast Du in den letzten Jahren sicherlich am häufigsten verschenkt?
Dem Alltag eine Seele geben von Anselm Grün, das habe ich mal günstig in mehrfacher Ausführung gekauft und dann verschenkt.

5. Von welchem Autoren würdest Du nie wieder freiwillig ein weiteres Buch in die Hand nehmen?
Irgendwie lese ich von solchen Autoren prinzipiell keine Bücher.

6. Welches Buch hast Du mehr als zwei Mal gelesen?
öhm – nö.

7. Welchen Titel hast Du erst nach einigen Seiten beiseite gelegt und dann tatsächlich später nochmals in die Hand genommen und durchgelesen?
Der Name der Rose von Eco (siehe)

8. Wenn man Dich drei Wochen in eine Mönchszelle in Klausur stecken würde, und Du darfst nur drei Bücher mitnehmen, welche drei Titel würdest Du wählen?
Oh, hier muss ich nun doch mit der Bibel antworten. Ansonsten würde ich zur Zeit noch die Theologie der Hoffnung von Moltmann mitnehmen und das Jesus-Buch von Ratzinger.

9. Bei welchem Titel sind dir schonmal ernsthaft die Tränen (nicht vor Lachen!) gekommen, obwohl es doch nur ein Buch war?
Red Moon Rising von Pete Greig (allerdings bei der englischen Version)

10. Welches sonst recht erfolgreiche Buch ist Dir bis heute ein großes Rätsel geblieben, d. h. Du hast es einfach nicht verstanden?
Viele, die ich noch nicht gelesen habe. Ich lese einfach zu wenig, was mir nicht gefällt – oder gefällt mir einfach alles, was ich lese? Oh, da fällt mir was ein: The Corrections von Jonathan Franzen, aber wahrscheinlich habe ich einfach das Englisch nicht richtig verstanden und dann zu früh aufgegeben – ich sollte es noch mal versuchen.

Ich werfe weiter:
Weitermachen dürfen TobyF, Peter, TobiG, Colin und Simon

Zitat für den Augenblick 027

Die spex 09/07 zitiert in einem Artikel über “Deutschlands einzig wahren Popstar” Jens Friebe aus seinem Buch “52 Wochenenden. Texte zum Durchmachen” (was eigentlich ein gedrucktes Blog ist):

Unterprivilegierte Jugendliche haben sich, damit sie ihre wertneutrale Einstellung zu allen Dingen des Lebens und des Todes nicht immer neu beschreiben müssen, schon vor langer Zeit das Wort “krass” als Universalurteil ausgesucht, weil es Empfindungen nicht mehr nach ihrer Richtung, sondern nur noch nach ihrer Intensität ordnet.

Das ist krass. Ich fühle mich etwas erwischt. Bin ich nun unterprivilegiert?

Das Zitat stammt übrigens aus Jens Friebes Blog-Eintrag “Dreiundzwanzig”

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