Moltmann: Gemeinschaft in den Fragen

Bei den Emergent Deutschland Studientagen und dem Forum wurde sehr viele Fragen gestellt, aber wenig Antworten gegeben. Für viele war das irgendwie unbefriedigend.
Zu dem Thema passend las ich gerade einen passenden Satz von Jürgen Moltmann in einer Fußnote im Sammelband “Diskussion über die Theologie der Hoffnung”:

Für die Zukunft der Theologie kann man keine Gemeinschaft in der Antwort, die man selber gibt, suchen, sondern immer nur eine Gemeinschaft in den offenen, unbeantworteten Fragen. Der Positionalismus, der sich selbst rechtfertigen und andere überzeugen will, ist eine Verhinderung der Weggemeinschaft.

[Jürgen Moltmann, Diskussion über die Theologie der Hoffnung, 201]

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Brian McLarens Marburger Gedanken

Brian McLaren schreibt in seinem Jahresrückblick über einige Gedanken, die er sich auf dem Marburger Schloss machte:

Third, I hope we can resist the inevitable pull toward fragmentation and sectarianism that seem to be perennial occupational hazards of Christian ministry and mission. I felt this strongly a few weeks back in Marburg, Germany. Our German friends Peter and Bjorn took Jason Clark and me to the Marburg Castle, which overlooks the old city. There in 1529, Martin Luther and Ulrich Zwingli met to discuss the possibility of uniting the German and Swiss reformation movements. Their meeting ended without concord. As I stood at the castle wall looking over the city, I thought of all the wonderful people I’ve met over the last few years, around North America and across the world. What could it mean if we continue to move forward together with open arms rather than crossed arms, with open hands rather than pointing fingers or clenched fists?

Of course, some people find themselves unable to keep their arms and hands and hearts open wide. But for myself, I want to have the posture of Martin Bucer, who kept his arms open to both Luther and Zwingli, working tirelessly to model an irenic attitude, seeking harmony, and staying friends with people who postured themselves as enemies to one another. I understand that Luther at one point coined a word – something akin to bucerizing – to describe the work of peace-making and bridge building.

I want my arms and hands to be open toward liberals and conservatives, mainliners and Evangelicals, Catholics and Protestants and Orthodox, gay-affirming and gay-accepting-but-not-affirming, Republicans and Democrats. I want to look for common ground and focus on Jesus, the center point who holds all things together for us. I want to see difference as diversity rather than division, and as opportunity rather than threat. I want to show the same respect to people who hold different opinions as I would want them to show to me. Of course I’ll fail at this at times, but I hope I never abandon this commitment as my ideal and goal.

Diesen Gedanken und Hoffnungen schließe ich mich gerne an.

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Ad gentes

Für den Unterricht musste ich das Ad gentes, das “Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche” des Zweiten Vatikanischen Konzils zusammenfassen. Dieses Dekret kann man als grundlegenden Text für “missionale Gemeinde” bezeichnen.
Wer Interesse hat, kann meine knappe Zusammenfassung mit kurzer eigener Stellungnahme unter Downloads runterladen. Das Original gibt es hier auf den Seiten des Vatikan.
Hier möchte ich jetzt einen Absatz zitieren, der mir wirklich gut gefällt:

Die Anwesenheit der Christen in den menschlichen Gemeinschaften muß von jener Liebe beseelt sein, mit der Gott uns geliebt hat, der will, daß wir einander mit derselben Liebe begegnen. Die christliche Liebe erstreckt sich auf alle, ohne Unterschied von Rasse, gesellschaftlicher Stufe oder Religion; sie erwartet nicht Gewinn oder Dankbarkeit; denn wie Gott sich uns mit ungeschuldeter Liebe zugewandt hat, so sind auch die Gläubigen in ihrer Liebe auf den Menschen selbst bedacht und lieben ihn mit der gleichen Zuwendung, mit der Gott den Menschen gesucht hat. Wie also Christus durch die Städte und Dörfer zog, jederlei Krankheit und Gebrechen heilend zum Zeichen der kommenden Gottesherrschaft so ist auch die Kirche durch ihre Kinder mit Menschen jeden Standes verbunden, besonders aber mit den Armen und Leidenden, und gibt sich mit Freuden für sie hin. Sie nimmt an ihren Freuden und Schmerzen teil; sie weiß um die Erwartungen und die Rätsel des Lebens, sie leidet mit in den Ängsten des Todes. Denen, die Frieden suchen, bemüht sie sich in brüderlichem Gespräch zu antworten, indem sie ihnen Frieden und Licht aus dem Evangelium anbietet.

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Zitat für den Augenblick 032

Jürgen Moltmann schrieb 1964 in Theologie der Hoffnung folgenden Satz, der heute noch mindestens genauso gilt und meiner Meinung nach eines der Grundanliegen der emerging conversation beschreibt:

Wird Gott nicht im Hinblick auf die Selbst- und Welterfahrung des Menschen zur Sprache gebracht, so gerät die Theologie ins Ghetto, und die Wirklichkeit, mit der der Mensch umgeht, wird der Gottlosigkeit ausgeliefert.

[Jürgen Moltmann, Theologie der Hoffnung, 79]

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Brian McLaren

Brian McLaren

Brian McLaren ist ein supersympathischer väterlicher Englisch-Lehrer aus den USA, der irgendwann eine Gemeinde gründete. Gut, Englisch-Lehrer ist er nicht mehr, auch Pastor einer Gemeinde ist er nicht mehr, heute ist er “author, speaker, activist” und damit recht erfolgreich. Viele Menschen lesen seine Bücher, viele entdecken ihre eigenen Gedanken und Gefühle in Worte gefasst, viele lassen sich hinterfragen und herausfordern und ebenso viele sehen darin die Abkehr von den entscheidenden Eckpfeiler des Christentums.

Ich habe ihn in Marburg und Erlangen wirklich als einen sympathischen, demütigen Lehrer und gleichzeitig Lernenden erlebt. Er betonte immer wieder, dass er nicht der Experte aus den USA sein möchte, der nach Europa kommt und die Antworten mitbringt. Er sieht sich als ein Teil des Gesprächs. Und das ist er auch. Er ist ein wichtiger Teil, der viele richtige und wichtige Fragen stellt. Und er gibt gute Impulse, in welche Richtung man mal denken könnte. Besonders überzeugend fand ich den Freitag Abend, wo er den Inhalt seines aktuellen Buchs Everything Must Change vorstellte.
Ich kann jetzt auch gut nachvollziehen, warum er immer wieder „Vater der emerging church-Bewegung“ genannt wird.

Trotzdem gibt es so viele, die ihn scharf kritisieren. Auch ich finde sicherlich Stellen, wo ich theologisch eine andere Meinung vertreten (mir fällt aber auch kein Theologe ein, wo das anders wäre). Wichtig finde ich da etwas, was Gofi auf der Fahrt nach Erlangen sagte: „Man sollte Brian McLaren nicht als Theologen sehen, sondern als Künstler.”
Sicherlich spricht und schreibt er viel über Theologie, aber wer sein Werk nur mit einer systematisch-theologischen Brille anschaut, kann es nicht ganz erkennen. Für mich ist schon der Titel des ersten McLaren-Buchs, das ich las, ein wunderschönes Kunstwerk voller Wahrheit: A Generous Orthodoxy: Why I am a missional, evangelical, post/protestant, liberal/conservative, mystical/poetic, biblical, charismatic/contemplative, fundamentalist/Calvinist, Anabaptist/Anglican, Methodist, catholic, green, incarnational, depressed – yet hopeful, emergent, unfinished Christian. Rein logisch gesehen ist das natürlich Quatsch, trotzdem drückt es sehr viel davon aus, was und wie ich glaube und was und wer ich bin.


Weiterhin gibt es Links zu allen Berichten über das Forum und die Studientage bei mir unter Emergent Marburg, Hamburg & Erlangen

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Willkommen in der emerging conversation

Gestern waren ca. 300 Leute beim ersten Studientag mit Brian McLaren und Jason Clark in Marburg. Es waren einerseits die verpflichteten Studierenden vom Marburger Bibelseminar und Tabor. Aber auch Theologie-Studierende aus Ewersbach, Wiedenest, von der FTA, IGW und dem Johanneum (noch mehr?). Und Pastoren und Mitarbeiter aus verschiedensten Gemeinden: von der Landeskirche bis zu sogar mir fast unbekannten Freikirchen. Viele junge Erwachsene, aber auch interessierte Senioren. Männer und Frauen …
Diese große Bandbreite hat mich sehr gefreut. Ich wünsche mir das die emerging conversation eine wirklich übergemeindliche “Bewegung” ist und auch nicht auf ein bestimmtes Alter beschränkt. Und auch nicht so Männer dominiert wie bisher (ich schließe mich da Jessie an: “Ich sehne mich nach innovativen, mutigen und initiativen Frauen, die auch mitreden wollen.”). Wir alle können so viel von einander lernen – das haben auch die Referenten immer wieder betont.

Meine größte Erkenntnis war gestern, dass emerging conversation viel treffender als “Emerging Church” ist (und was deutsches wäre noch besser). Emerging Church klingt für viele nach einem neuen Kirchen-Modell, nach dem neuen Willow Creek oder nach einer neuen Konfession. Aber all das will und soll es nicht sein. Brian McLaren sagte auch, dass er lieber von der emerging conversation (ungefähr: “entstehendes Gespräch”) als von der emerging church spricht. Das ist es, um was es geht, um ein Gespräch, um “safe spaces” (sichere Orte) für alle Fragen, die wir haben. Um ein Gespräch, in dem wir gemeinsam fragen und träumen können. Aber auch ein Gespräch, das in die Gemeinden, in unseren Alltag, in die Welt, in das Leben hineinwirkt.

Herzlich willkommen in diesem Gespräch, das immer mehr auch in Deutschland entsteht.

Lasst uns zusammen fragen, träumen, beten und leben!

Dieses Wochenende in Erlangen, auf den Blogs und weit darüber hinaus …


Nachtrag (22:23 Uhr):
Auch Andrew Jones fragt sich heute: Emerging Church: Does The Hat Still Fit?

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