Fasten 2007

Morgen beginnt sie mal wieder. Die Fastenzeit.
Und wie jedes Jahr schreibe ich etwas darüber. Diesmal sogar etwas neues. Bei ecclesiola („unterwegs mit der kirche in zelten, ressourcen für liturgie und spiritualität in einer postkonfessionellen kultur“ – prinzipiell lesenswert!) haben ich einen neuen Gedanken entdeckt: fasten, worauf man sowieso schon verzichtet:

gibt es nicht schon dinge, auf die man sowieso schon verzichten „muss“? vielleicht ist diese vorbereitungszeit eine einladung dazu, diese dinge wahrzunehmen und einmal nicht grimmig und verbittert zu werden, sondern aktiv ja dazu zu sagen. […]
so kann vielleicht aus einem „geht ja nicht anders“, aus einem äusseren zwang, ein bewusstes „mit dieser lücke, mit diesem verzicht will ich leben“ werden. man kann vielleicht lernen, dass man nicht etwas bestimmtes brauchen „muss“. was für eine freiheit kann so gewonnen werden!

Ja, dann werde ich wohl bis morgen mal überlegen, auf was ich dieses Jahr verzichten und über welches Thema ich eine NT-Theologie Arbeit schreiben will. Hat jemand Vorschläge?

Jungschar

Heute habe ich zum ersten Mal bei der Jungschar der Evangelischen Gemeinschaft Frankenberg (wo ich auch mein „Predigtpraktikum“ mache) mitgearbeitet. Das bedeutet ab jetzt jede Woche mit dem Zug nach Frankenberg (Zug fahren ist toll – vor allem wenn man viel zu lesen hat), dort 8 – 12jährige Kinder treffen, mit ihnen und weiteren Mitarbeitern coole Spiele machen und über Geschichten aus der Bibel reden. Ich freue mich drauf. Und denke auch, dass es für Theologie-Studenten (und Theologen) eine gute Übung ist, mit Kindern über den Glauben zu reden und zu leben (siehe „Männer und die Kinderarbeit“ auf Tobys Blog).

Meine Erkenntnis für heute: Kinder sind toll.

Weiter Erkenntnisse werden die nächsten Wochen folgen…

Urlaub als Semestereröffnung

Nach drei Wochen Lernen, Prüfungen, Exegese schreiben (und nicht nach irgendwelchen Semesterferien) begann heute für mich das 6. Semester. Es begann mit Urlaub bzw. einem Gottesdienst.

Eine Koino (das sind so „Kleingruppen“ in Tabor) hat den heutigen Semestereröffnungsgottesdienst gestaltet. Zu Beginn zeigten sie mit einem Theaterstück, in dem sie sich selbst gespielt haben, dass wir alle nach den Prüfungen dringend Urlaub brauchen. Denn gab es dann auch (leider nur) 30 Minuten. Man konnte sich aussuchen, welche Art von Urlaub man wollte:

  • Wanderurlaub: In der Natur wandern und dabei Psalmen meditieren
  • Strandurlaub: In Mitten von Stranddeko- und Bildern die Füße im Planschbecken baumeln lassen und dazu zwischendurch Texte hören
  • Kultururlaub: Von fremden Religionen lernen; dazu gab es verschiedene Übungen: Islam (ein Glaubensbekenntnis schreiben), Hinduismus (Gottesnamen meditieren) und Buddhismus (Loslassen)
  • Actionurlaub: Mit verbundenen Augen im Haus „Capture the Flag“ spielen
  • Erholungsurlaub: Ein Raum voller Matratzen zum Ausruhen mit der genialen Musik von ikon, eine heiße Sauna und einige Liegestühle, dazu Bibelverse und Andachtsbücher
  • Balkonienurlaub: Bilder vergangener Urlaube anschauen und dabei Marburg-Postkarten an Freunde schreiben
Nach der wunderbaren und viel zu kurzen Urlaubszeit haben sich dann alle wieder versammelt und Bernd hat in wenigen Worten gut auf den Punkt gebracht um was es ging: Urlaub, Abschalten, Ruhe, Jesus.

Danach ging es dann richtig los mit dem neuen Semester. Heute mit Theologie des NTs: Evangelien, Predigtübung und Gesprächsführung. Ich habe schon jetzt erkannt, dass es ein sehr volles Semester wird…

Danke an die Güttner-Koino für den Urlaub, den ich wirklich dringend nötig hatte!

Gemeinde und Glaube – Kultur und Welt

Gemeinde und ihre Formen sind durch Kultur geprägt.
Es gibt keine Gemeinde, die nicht von der Kultur bzw. Gesellschaft bzw. „Welt“ geprägt ist. Es gibt auch kein Glaube, der dies nicht ist. Die Frage ist nur, von welcher Kultur. Der (bzw. einer) heutigen oder einer vergangenen?

Wir denken oft, dass die gewohnten Gemeinde-, Denk- und Glaubensformen die einzig richtigen und auch die biblischen sind.
Warum eigentlich? Ein Großteil, der Dinge, die wir in Gemeinden tun (und auch denken) sind in den letzten 5 Jahrhunderten nach und nach entstanden bzw. entwickelt worden, manches sogar erst vor recht kurzer Zeit.
Ein schönes Beispiel ist die Kleidung von Diakonissen. Jeder kennt sie, schwarz/dunkelblau/grau und auf jeden Fall mit „Haube“. Daran können wir klar erkennen, das sie irgendwie „nicht von dieser Welt“ sind, etwas Besonderes. Aber warum tragen sie überhaupt diese Kleidung? Ganz klar – um auszusehen wie eine verheiratete Frau! Ja, wirklich. Im 19. Jahrhundert, als Diakonissen „erfunden“ wurden, bekamen sie die Tracht von verheirateten Frauen, damit sie als gleichwertig angesehen wurden (eine geniale Idee war das). Man hat sich also bewusst der Welt „angepasst“ und das auch eine Zeit lang durchgehalten, bis man irgendwann nicht mehr mit der Mode ging.
Genauso ist das mit vielen Dingen in unseren Gemeinden. Sie sind in einer bestimmten Kultur, einem bestimmten Kontext entstanden, die Kultur hat sich geändert. Und die Gemeinden?

Ist das denn schlimm, dass vieles, was wir tun und denken, gar nicht so „biblisch“ ist?
Nein, gar nicht. Die Bibel ist (im Gegensatz zum Koran) in einem sehr langen Zeitraum entstanden und schon innerhalb der Bibel entdecken wir viele verschiedene Kulturen und auch sehr unterschiedliche Weisen, wie man Glauben gelebt und gedacht hat. „Biblisch“ ist es also eigentlich gerade, wenn man Dinge immer wieder verändert und nicht bei einer Form stehen bleibt.

PS: Ich möchte mit diesem Post nichts gegen irgendwelche Formen sagen (und auf keinen Fall irgendwas gegen Diakonissen). Vieles ist gut und ist auch für viele Menschen das Richtige. Ich finde es nur sehr schwierig, bestimmte Formen oder Denkweisen als „heilig“ darzustellen und bei anderen die Anpassung an die Welt, die „Verweltlichung“ zu kritisieren.

Erlösung

Erlösung. Ein zentraler Begriff im christlichen Glauben. Meistens so verstanden: Ich, Mensch, bin Sünder und von Gott getrennt. Jesus, der Sohn Gottes, starb für meine Schuld am Kreuz, hat damit meine Schuld bezahlt und mich erlöst (=“Sühnetod“). Das ist dann Erlösung und damit meist auch das Evangelium.
Peter Aschoff benannte vor ein paar Wochen in seinem Post „Fromme Brillen“ viele Probleme bei diesem Verständnis von Erlösung. Ich fand und finde das sehr spannend, da es auch ein Thema ist, wo ich noch nach meiner genauen Position suche.

Vor ein paar Tagen las ich dann in Mit Herz und allen Sinnen Gedanken von Anselm Grün (ursprünglich aus seinem Buch Biblische Bilder von Erlösung, S. 94ff):

Vor zwei Gefahren müssen wir uns hüten, wenn wir von Erlösung sprechen: von der Gefahr der Fixierung auf die Vergangenheit und von der Gefahr, Erlösung isoliert im Tod Jesu zu sehen. […]
Gott ist für die Bibel immer der Erlöser und Befreier, der Retter, unser Heil und unser Licht. […] Tag für Tag greift Gott in unser Leben erlösend ein. […] Was in Jesu Leben, Tod und Auferstehung geschah, hat vielmehr offenbar gemacht, was Gott immer an uns tut. […]
Die zweite Gefahr ist die Fixierung auf den Tod Jesu. Paulus hat zurecht das Wort vom Kreuz als Mitte und Maßstab jeder christlichen Verkündigung gesehen. […] Das darf aber nicht dazu führen, dass wir das Leben Jesu überspringen. […] Für die Evangelien geschieht Erlösung in allem, was Jesus tut, in seinen Worten, in seinen Heilungswundern, in seiner Begegnung mit Menschen. Der Tod Jesu faßt nur zusammen, was Jesus in seiner Verkündigung sagen wollte: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Markus 1,15).

Ja, Erlösung ist mehr als der „Sühnetod“ am Kreuz. Und Evangelium ist mehr als Erlösung.

P.S. 1: Auch Andrew Jones schreibt einiges Lesenswertes zum Thema „Penal Substitution„.

P.S. 2: Versteht mich bitte nicht falsch. Ich sage nichts gegen das „Kreuz“, es ist wichtig und bleibt zentral, aber es bleibt nicht allein.

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Zitat für den Augenblick 014

Daniel Ehniss zitiert Peter Aschoff der Lesslie Newbigin zitiert und übersetzt:

Der Test für die Ernsthaftigkeit meiner Überzeugung wird sein, dass ich bereit bin, sie zu veröffentlichen, sie anderen mitzuteilen, ihr Urteil und wenn nötig ihre Korrektur anzunehmen. Wenn ich mir diese Übung erspare, wenn ich meinen Glauben als Privatangelegenheit behandle, ist es kein Glaube an die Wahrheit.

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