Dies ist die Fortsetzung von Emerging Church: Social Gospel?, man sollte also dort anfangen zu lesen.
Letzte Nacht (zumindest für mich) schrieb Johannes eine Antwort auf meine Antwort:
Ich glaube wir sind uns in vielen Dingen ziemlich einig, aber ich mach mich hier einfach mal ein bisschen zum „advocatus diabolus“ (oder wie sagt man das ;-)).
Einen Vorbehalt kann ich glaube ich ausräumen: ich nehme hier keine große Angst vor einer „Auflösung“ in der Kultur wahr oder einer Anpassung an die Welt. Auch Hope Community Church bezeichnet sich als „missional“ und sucht Wege, junge Erwachsene in ihrer Kultur zu erreichen.
Auch kann ich nicht gerade sagen, dass Nächstenliebe keine Rolle spielt, im Gegenteil, ich war bisher in wenigen Gemeinden, die so sehr versucht, sich in bestehende soziale Projekte in der Stadt einzubringen (allerdings selbst keine eigenen Projekte laufen hat).
Gottesliebe und Nächstenliebe gegeneinander auszuspielen (wie Walter es in einem Kommentar formuliert) ist tatsächlich völlig absurd. Aber – jetzt kommt mal der „advocatus“ – führt Nächstenliebe zu Gottesliebe oder führt Gottesliebe zu Nächstenliebe? Ich könnte mir vorstellen, dass dies eine Anfrage von „meiner“ Gemeinde hier sein könnte. Die sind absolut nicht so drauf a la „Hauptsache gerettet“ – im Gegenteil. Ihr Vision-Statement lautet: „To honor God by helping as many people as possible become fully devoted followers of Jesus Christ.“ Also gerade Veränderung und Einfluss zum Guten im Hier und Jetzt. Ein hingegebener Nachfolger Jesu setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein und sorgt sich um den Nächsten! (Aber jemand, der sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt und sich um den Nächsten sorgt, ist nicht „automatisch“ ein Nachfolger Jesu – oder?)
Genau wie du bin ich der Meinung, dass „social“ oder „spiritual“ die völlig falsche Alternative ist! Mercy Ships (vielleicht auch Jugend mit einer Mission allgemein?), mit denen ich ja vor ein paar Jahren unterwegs war, hat dafür ein schönes Bild: „The two-handed Gospel“. Das Evangelium bedeutet Gute Nachricht für das „jetzt“ und für das „noch nicht“, für „Leib“ und „Seele“.
Viele (evangelikale) Gemeinden müssen unbedingt die „diakonische“ Dimension des Evangeliums wieder stärker in den Blick bekommen! (Ehrlich gesagt glaube ich, dass das mehr und mehr auch begreifen. Jedenfalls in FeGs sehe ich da allmählich eine positive Entwicklung, ich glaube im Februar gibts eine Tagung zu dem Thema. Und wie du schon angemerkt hast ist das auch auf Allianz-Ebene Thema!) Aber ist eine starke Einseitige Betonung wirklich der richtige Weg, Ausgewogenheit zu erreichen? Mir fällt dazu jedenfalls kein historisches Beispiel ein. Warum nicht von vornherein ganz stark die Ausgewogenheit betonen, um eben nicht in die Gefahr zu kommen, auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen?
Was ich hier mitbekomme ist nicht die Befürchtung, dass Emerging Churches zu „sozial“ sein könnten (geht das überhaupt?). Es ist tatsächlich die Befürchtung (oder vielleicht sogar Beobachtung?), dass das Evangelium von der vergebenden und versöhnenden Gnade Gottes in Jesus Christus zu kurz kommt (oder diese „Dimension des Evangeliums“ – über eine „Formulierung des Evangeliums“ müssen wir uns das nächste Mal unterhalten, hab gerade nicht mehr so viel Zeit). Also es eben gar nicht mehr um das „ewige Seelenheil“ (uha – naja, ist mir gerade kein besserer Begriff eingefallen) geht. Ein Pastor hat das hier letzte Woche so ausgedrückt: „The Gospel is more than substitutionary atonement (stellvertretende Sühne – sorry, etwas theologisch), but never less.“ So, den Satz kannst du ja mal zur Diskussion stellen : )
Wow, jetzt ist das doch länger geworden als gedacht. Bin auf die Diskussion gespannt!
Bevor ich selber auf diese Antwort antworte, habt ihr die Möglichkeit, in den Kommentaren eure Meinung zu den angesprochenen Punkten zu nennen. Auf in eine spannende Diskussion!