SZ-Magazin: Korinther 9,99 Euro

Super Artikel namens “Korinther 9,99 Euro” im aktuellen Magazin der Süddeutschen Zeitung.

Die ersten Sätze:

Jesus lebt. Mit diesem einfachen Satz hat Ostern damals begonnen. Gekreuzigt, aber lebendig: Die Neuigkeit verbreitete sich unter seinen verzweifelten Anhängern, sie staunten und sagten es weiter, schließlich strömten sie aus allen Teilen des Landes zusammen, um sich zu versammeln. »Ein Brausen kam vom Himmel«, heißt es in der Bibel, züngelndes Feuer leckte nach ihren Köpfen, der Geist erfüllte sie, und plötzlich verstanden alle einander, obwohl sie in verschiedenen Sprachen redeten. Jesus lebt – die babylonische Sprachverwirrung war beendet.
Wir wissen nicht, was damals wirklich passiert ist. Wir wissen nur: Eine Versammlung von Menschen hatte plötzlich eine unglaubliche Kraft entwickelt, eine Kraft, die für 2000 Jahre christliche Geschichte reichen sollte.
Heute erinnern in den Kirchen brennende Kerzen an diese gewaltige Energie. Manche Gemeinden entfachen in der Osternacht das Osterfeuer, und der Pfarrer sagt: Jesus lebt. Aber es scheint, als könne das Feuer dieses Satzes niemanden mehr entzünden. Wenn der Satz geglaubt würde, müssten den Christen eigentlich Flügel wachsen, die Gemeinden müssten vor Kraft strotzen, ihre begeisterten Mitglieder müssten an Ostern durch die Straßen rennen und jedem ins Ohr brüllen: »Gott lebt! Wirklich, er lebt!«

Weitere Zitate:

Der christliche Glaube war nie als individualistische Privatsache gedacht, sondern als öffentliche, stets auch politische Angelegenheit einer Gemeinschaft. Gott hatte sich sein Volk ursprünglich einmal erfunden, damit es die Not der Welt beseitige.

Der Gottesdienst mutiert zum Kundendienst. Die von Ratzinger beschworene »altmodische Frage nach der Wahrheit des Christentums« wird nicht mehr gestellt. Es geht nicht mehr um Erleuchtung, es geht bestenfalls um die richtige Beleuchtung: Welche neuen Gottesdienstformen, Liturgien, Events locken den modernen Konsumenten in die Showrooms der Kirche?

Die Pointe des christlichen Glaubens aber besteht gerade darin, dass im Weinberg Gottes die Gesetzlichkeit des Egoismus ausgehebelt ist. Da wird der Tüchtige nicht deshalb unternehmerisch tätig, weil er sich einen Platz an der Sonne mit Villa, Meerblick und Porsche erkämpfen will, er möchte am Bau einer Welt mitwirken, in der auch der vom Schicksal Benachteiligte sein Plätzchen an der Sonne erhält. Aber den Starken, der sich von selbst zur Arbeit im Weinberg Gottes verpflichtet, den kann es erst geben, wenn er durch Umkehr und Buße – also: durch das Wunder des Glaubens – dazu verwandelt wird.

Amen.

(via proKompakt)

Nachtrag (2007-04-06):
Einige kritische Gedanken zum Artikel schreibt Simon.

Jungschar

Heute habe ich zum ersten Mal bei der Jungschar der Evangelischen Gemeinschaft Frankenberg (wo ich auch mein „Predigtpraktikum“ mache) mitgearbeitet. Das bedeutet ab jetzt jede Woche mit dem Zug nach Frankenberg (Zug fahren ist toll – vor allem wenn man viel zu lesen hat), dort 8 – 12jährige Kinder treffen, mit ihnen und weiteren Mitarbeitern coole Spiele machen und über Geschichten aus der Bibel reden. Ich freue mich drauf. Und denke auch, dass es für Theologie-Studenten (und Theologen) eine gute Übung ist, mit Kindern über den Glauben zu reden und zu leben (siehe „Männer und die Kinderarbeit“ auf Tobys Blog).

Meine Erkenntnis für heute: Kinder sind toll.

Weiter Erkenntnisse werden die nächsten Wochen folgen…

Urlaub als Semestereröffnung

Nach drei Wochen Lernen, Prüfungen, Exegese schreiben (und nicht nach irgendwelchen Semesterferien) begann heute für mich das 6. Semester. Es begann mit Urlaub bzw. einem Gottesdienst.

Eine Koino (das sind so „Kleingruppen“ in Tabor) hat den heutigen Semestereröffnungsgottesdienst gestaltet. Zu Beginn zeigten sie mit einem Theaterstück, in dem sie sich selbst gespielt haben, dass wir alle nach den Prüfungen dringend Urlaub brauchen. Denn gab es dann auch (leider nur) 30 Minuten. Man konnte sich aussuchen, welche Art von Urlaub man wollte:

  • Wanderurlaub: In der Natur wandern und dabei Psalmen meditieren
  • Strandurlaub: In Mitten von Stranddeko- und Bildern die Füße im Planschbecken baumeln lassen und dazu zwischendurch Texte hören
  • Kultururlaub: Von fremden Religionen lernen; dazu gab es verschiedene Übungen: Islam (ein Glaubensbekenntnis schreiben), Hinduismus (Gottesnamen meditieren) und Buddhismus (Loslassen)
  • Actionurlaub: Mit verbundenen Augen im Haus „Capture the Flag“ spielen
  • Erholungsurlaub: Ein Raum voller Matratzen zum Ausruhen mit der genialen Musik von ikon, eine heiße Sauna und einige Liegestühle, dazu Bibelverse und Andachtsbücher
  • Balkonienurlaub: Bilder vergangener Urlaube anschauen und dabei Marburg-Postkarten an Freunde schreiben
Nach der wunderbaren und viel zu kurzen Urlaubszeit haben sich dann alle wieder versammelt und Bernd hat in wenigen Worten gut auf den Punkt gebracht um was es ging: Urlaub, Abschalten, Ruhe, Jesus.

Danach ging es dann richtig los mit dem neuen Semester. Heute mit Theologie des NTs: Evangelien, Predigtübung und Gesprächsführung. Ich habe schon jetzt erkannt, dass es ein sehr volles Semester wird…

Danke an die Güttner-Koino für den Urlaub, den ich wirklich dringend nötig hatte!

auf den Sturm hören

Als ich gestern Abend im Bett lag, habe ich mein Fenster gekippt und auf den Sturm gehört, der hinter mir durch den Wald raste und dadurch einen gewaltigen Sound produzierte.

Als ich vorhin zum Frühstück ging, dachte ich an eine Stelle in der Bibel, wo auch jemand auf den Sturm hört, aber Gott darin nicht findet (mir fiel nur die genaue Stelle nicht ein).

Als ich eben Closer to God für heute las, wurde ich aufgefordert 1. Könige 19,1-18 zu lesen, wo berichtet wird, wie Elia auf den Sturm hört und Gott darin nicht findet:

Then he was told, „Go, stand on the mountain at attention before God. God will pass by.“

A hurricane wind ripped through the mountains and shattered the rocks before God, but God wasn’t to be found in the wind;
after the wind an earthquake, but God wasn’t in the earthquake;
and after the earthquake fire, but God wasn’t in the fire;
and after the fire a gentle and quiet whisper.

When Elijah heard the quiet voice, he muffled his face with his great cloak, went to the mouth of the cave, and stood there.
A quiet voice asked, „So Elijah, now tell me, what are you doing here?“

Eine großartige Erzählung.
Sturm, Erdbeben, Feuer und ein sanftes, leises Flüstern, ein Hauch.
Auf den Sturm hören.
Auf das Flüstern hören.

Predigt am 2. Advent

Heute habe ich in der Evangelischen Gemeinschaft Frankenberg gepredigt (ich darf/muss da bis nächsten Sommer achtmal als Praktikum predigen). Da es eine Adventspredigt war und wir heute den 2. Advent haben, dachte ich, ich stell die mal auf meinen Blog.
2 Anmerkungen noch:
1. Dank an Jens für seine Advents-Andacht, von der ich ein paar Gedanken und Formulierungen übernommen habe.
2. Die Zeilenwechsel nach jedem Satz sind gewollt (erleichtern die Übersicht beim Vortragen), ich hab sie jetzt einfach mal stehengelassen.
Jetzt geht’s aber los:

Heute ist der 10. Dezember, der 2. Advent.
Das bedeutet:
Nur noch 2 Wochen bis Heiligabend.
Nur noch 2 Wochen?
Haben Sie schon alle Geschenke?
Ich muss zugeben: Ich noch nicht.
Für meinen Vater habe ich schon etwas.
Aber der hat auch nächsten Samstag schon Geburtstag.
Da muss man einfach früher anfangen zu planen.
Aber für meine Mutter? Mein Bruder? Meine Omas? Mein Patenkind? Meine Freunde?
Für die alle brauche ich noch was.
Natürlich etwas Besonderes.
Aber ich habe ja noch 2 Wochen Zeit.
Oh, in den 2 Wochen ist ja in Tabor noch Unterricht.
Das bedeutet, ziemlich viel lesen und lernen zu müssen.
Und eigentlich wollte ich auch noch eine Seminararbeit bis Weihnachten geschrieben haben.
Dann sind da natürlich noch die zwei Weihnachtsfeiern in Tabor.
Und ich bin noch mit meinen Team für eine Andacht zuständig.
Irgendwie bleibt da nicht so viel Zeit für Adventsgemütlichkeit.
– So sieht es also bei mir aus.

Wahrscheinlich ist das bei Ihnen ja ganz anders.
Sie haben sicherlich schon im November alle Geschenke gekauft.
Und auch alle Vorbereitungen für Weihnachten getroffen.
Ihr Weihnachtsbaum steht schon
und alle Plätzchen sind gebacken.
Sie haben auch an der Arbeit soviel vorgearbeitet,
dass sie jetzt Ihre Überstunden abfeiern können.
Deshalb können Sie die Adventszeit dieses Jahr mal so richtig genießen.
Sie haben wahrscheinlich jetzt wirklich Zeit zum Ausruhen und Besinnen.
Sie können jeden Tag stundenlang um den Adventskranz sitzen,
Lebkuchen essen und Geschichten lesen.
Nein?
Bei Ihnen ist das anders?
Sie haben auch keine Zeit?
Noch viel in den nächsten zwei Wochen zu tun?
– Schön, dann bin ich ja nicht alleine.

Ich weiß nicht, wie Sie dieses Jahr die Adventszeit verbringen wollten.
Haben Sie sich auf eine ruhige, stille Zeit, eine Zeit des bewussten Zugehens auf das Weihnachtsfest gefreut?
Eine Zeit, in der Sie besonders viel Zeit mit Ihrer Familie und auch mit Gott verbringen?
Oder war Ihnen schon vorher klar, dass auch diese Adventszeit eher einem Jahresendspurt gleicht als einem besinnlichen Zugehen aufs Fest?
Vielleicht ärgern Sie aber auch Stichworte wie Adventsandacht, Besinnung und Kerzenschein. Oder sie machen Ihnen Angst.
Vielleicht ist Ihnen einfach nicht nach Stille und Besinnung zumute.
Weil in dieser Zeit besonders viele Dinge auftauchen, die Sie beschäftigen und belasten:
Probleme in der Ehe oder in der Familie, die sich jedes Jahr gerade in der Weihnachtszeit nach vorne drängen.
Unangenehmes und Stress an der Arbeit.
Oder das eigene Leben, mit allem Schweren und Beladenen.

Wir haben alle unterschiedliche Gedanken und Erwartungen an die Advents- und Weihnachtszeit.
Mir ist es dabei auf jeden Fall wichtig, dass es in dieser Zeit auch um die eigentliche Hauptperson von Weihnachten, das Geburtstagskind Jesus, geht.
Und ich vermute, dass es den meisten von Ihnen ähnlich geht.
Die Adventszeit soll für uns auch eine geistlich gute Zeit werden.
Eine Zeit, in der wir Gott begegnen.

Aber dann ist plötzlich schon wieder Silvester, das Jahr und vor allem Weihnachten ist vorbei.
Wir blicken zurück und sehen wie jedes Jahr vor allem vieles, was wir getan haben.
Und vieles, was wir tun wollten, aber nicht geschafft haben.
Und auch einiges, was uns Sorge bereitet und uns gestresst hat.
Wir blicken zurück und sind enttäuscht.

Ich habe überlegt, welcher Bibeltext uns vielleicht etwas zu dieser Zeit sagen kann.
Ich bin dann auf einen Text gestossen, der erstmal nichts mit Advent zu tun haben scheint.
Es ist der Bericht von Maria und Martha.
Er steht im Lukas Evangelium im 10. Kapitel:

Jesus kommt mit seinen Jüngern in ein kleines Dorf.
Dort lädt ihn eine Frau namens Martha in ihr Haus ein.
Was sie sehr gerne macht.
Sie lädt gerne Gäste ein und bewirtet sie dann gut.
Wenn jemand so Besonderes wie Jesus im Dorf ist,
dann ist es selbstverständlich, dass er von Martha eingeladen hat.
Denn Martha hat ja die Gabe der Gastfreundschaft.
Und Jesus lässt sich auch einladen.
Er und seine Jünger sind bei Martha zu Gast.
Martha ist die ganze Zeit damit beschäftigt, sich um ihre Gäste zu kümmern.
Sie läuft hin und her, bereitet Speisen und Getränke zu und bedient all ihre Gäste.
Und sie macht sich Sorgen.
Sie überlegt, ob alles reicht, ob jeder zufrieden ist.
All ihre Aufmerksamkeit ist auf ihre Aufgabe gerichtet.
Anderes, Nebensächliches, beachtet sie nicht.

Ganz im Gegensatz dazu ihre Schwester – Maria.
Maria sitzt direkt bei Jesus, sie sitzt ihm zu Füßen.
Sie ist noch näher bei Jesus als seine Jünger.
Sie hört ihm zu.
Sie lauscht seinen Worten.
Ihre ganze Aufmerksamkeit ist auf Jesus gerichtet.
Sie bemerkt gar nicht, wie viel ihre Schwester Martha arbeitet.

Da ist es klar, dass Martha das irgendwann nervt.
Sie fühlt sich allein gelassen.
Sie kümmert sich so hingebungsvoll um die Gäste und ihre Schwester sitzt einfach so da.
Maria sitzt da und tut nichts.
Sie hört nur zu.
Wenn Jesus schon einmal da ist, müsste sie sich doch auch um ihn kümmern,
ihn versorgen, ihm dienen.
Aber nein, sie sitzt nur faul rum.
Warum weißt Jesus sie nicht mal darauf hin?
Er bemerkt doch sicherlich wie Martha sich abrackert.
Martha regt sich immer mehr auf.
Bis es irgendwann aus ihr herausplatzt.
Und sie es laut und deutlich vor allen Gästen sagt:
»Herr, findest du es richtig,
dass meine Schwester mich die ganze Arbeit allein tun lässt?
Sag ihr doch, sie soll mir helfen!« –
Plötzlich ist es still, alle Gespräche sind verstummt.
Alle blicken auf Jesus.

Was wird er sagen, was wird er tun?
Wird er Maria deutlich sagen, dass sie ihre Schwester unterstützen soll?
Oder wird Maria versuchen, sich zu verteidigen?
Nein, Jesus sagt nichts zu Maria.
Und sie spricht auch nicht selber.
Stattdessen wendet sich Jesus liebevoll zu Martha:
»Martha, Martha, du bist wegen so vielem in Sorge und Unruhe,
aber notwendig ist nur eines.
Maria hat das Bessere gewählt, und das soll ihr nicht genommen werden.«

Wie es nach dieser für Martha wahrscheinlich enttäuschenden Antwort Jesu weitergeht, wird uns leider nicht mehr von Lukas berichtet.
Aber was hat Martha überhaupt falsch gemacht?
Was kritisiert Jesus?
Die Gastfreundschaft Marthas?
Das sich um die Gäste kümmern?

Nein, dass kann ja irgendwie nicht sein.
Das würde ja vielen wesentlichen Aussagen der Bibel widersprechen.
Jesus kritisiert die „Sorge und Unruhe“ Marthas, ihre Überaktivität.
Marthas Gedanken drehen sich nur noch um das Versorgen der Gäste,
um ihre Aufgabe, um das was sie tut.
Diese Sorgen scheinen erstmal etwas positives zu sein.
Aber sie trennen von Jesus.
Indem Martha soviel für Jesus macht, hat sie gar keine Zeit mehr mit ihm.
Sie kommt gar nicht dazu, ihm wirklich zu begegnen, ihm zuzuhören.
Unsere Sorgen trennen uns von Jesu.
Deshalb heißt es im 1. Petrus, 5, 7:
„Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch“
Wir brauchen uns wirklich keine Sorgen machen.
Jesus, Gott, sorgt für uns.
Martha aber macht sich Sorgen.
Denn sie möchte etwas für Jesus tun.
Sie möchte Jesus dienen.
Jesus selbst hat aber mal gesagt, dass er nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um selbst zu dienen.
Zuerst möchte Jesus uns dienen.
Das wir etwas für Jesus tun, ist also wirklich zweitrangig.

Maria hat hier das Richtige, das Bessere gewählt.
Auch wir haben die Wahl.
Maria hat sich dafür entschieden direkt bei Jesus zu sein, in seiner Gegenwart.
Sie hat im zugehört.
Sie lauschte seiner Stimme,
sie war offen für seine Worte.
Und sie wäre sicherlich auch aufgestanden, wenn Jesus gesagt hätte, dass er Durst hat.
Maria hat nicht wie ihre Schwester Martha Zeit für Jesus verbracht.
Sie hatte Zeit bei Jesus, Zeit mit Jesus.

Aber was hat diese Geschichte jetzt mit Advent zu tun?
Ich denke, dass es uns der Text gute Impulse für unsere Leben, und besonders für die Adventszeit, geben kann.

Ich denke, in uns allen stecken beide Seiten, sowohl Maria als auch Martha.
Aber vor allem Martha ist bei den meisten besonders ausgeprägt.
Es gibt ja immer soviel zu tun, gerade jetzt in der Adventszeit.
Wir versuchen all unsere Zeit produktiv zu nutzen.
Nach einer kleinen Pause bekommen wir schon ein schlechtes Gewissen.
Wir sind immer aktiv.
Außerdem versuchen wir all unsere frommen Pflichten zu erfüllen.
Wir sprechen Gebete, lesen in der Bibel und tun besonders viel für Jesus.
Wir machen uns Druck.
Wir wollen im Advent besondere besinnliche Momente erleben.
Wir wollen uns Zeit dafür nehmen.
Aber unser normaler Alltag geht ja auch im Dezember weiter.
Und zusätzlich gibt‘s noch die vielen Weihnachtsvorbereitungen.
Da kommen schnell die Sorgen, wie man das alles schaffen soll.
Da kommt wirklich schnell der Weihnachtsstress.
Wir werden zu Adventszeit-Marthas, die nur noch beschäftigt sind und deren Gedanken sich nur noch um das Beschäftigt-sein drehen.

Jesus sagt deshalb auch zu dir:
„Du bist wegen so vielem in Sorge und Unruhe, aber notwendig ist nur eines.“
Wirklich notwendig für uns ist die Verbindung zu Jesus, der Glaube.
Es ist nicht entscheidend, was wir für Jesus tun.
Entscheidend ist, was er für uns getan hat und was er jetzt für uns tut.

Wir müssen uns keine Sorgen machen.
Wir können unsere Sorgen abgeben.
Jesus sorgt für uns.
Wir müssen uns keinen Stress machen.
Wir brauchen uns nicht unter Druck setzen lassen.

Es ist okay.
Es ist okay, wenn es dir zu viel wird.
Es ist okay, wenn du nicht alles hinbekommst.
Es ist okay, wenn du nicht alle Erwartungen erfüllen kannst.
Du kannst auch einmal nein sagen.
Auch bei den Dingen, die du für Jesus machen sollst oder willst.
Die Adventszeit war ursprünglich mal eine Fastenzeit.
Fasten im Advent.
Auch das kann eine Möglichkeit für uns sein.
Vielleicht einmal auf eine geliebte Serie im Fernsehen verzichten.
Oder auf eine Mahlzeit am Tag.
Oder auf das massenhaft Plätzchen backen.
Oder auf Geschenke.
Oder auf fromme Pflichtübungen.
Wenn wir auf eine Sache verzichten, haben wir mehr Zeit für die anderen.

Wir können es Maria nachmachen und das Bessere wählen.
Wir können uns von Jesus sagen lassen, dass es gut ist,
auch einmal ruhig zu sein, ihm zu begegnen und auf ihn zu hören.
Einfach mal Zeit mit Jesus zu verbringen.
Ohne selber etwas zu tun.
Einfach ruhig sein und auf Jesus hören.
Wir können versuchen bewusste Zeiten mit Jesus zu verbringen, zu seinen Füßen zu sitzen.

Aber auch wenn wir das nicht schaffen, ist es okay.
Denn Jesus ist immer bei uns.
Er hat gesagt:
„Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende:“
Zu jeder Zeit, egal was wir tun.
Beim Plätzchen backen genauso wie beim Bibel lesen.
Beim Geschenke kaufen genauso wie beim um dem Adventskranz sitzen.

Jesus ist nicht beim Adventskaffee mitten in die Besinnlichkeit hineingeboren.
Jesus ist mitten in den rauen und dreckigen Alltag geboren.
Und er ist auch jetzt bei mir mitten in meinem oft stressigen und komplizierten Leben.

Das letzte Mal hatte ich ja das Thema „unser Leben – unser Gottesdienst“.
Unser ganzes Leben kann ein Gottesdienst sein.
Gott ist immer und überall dabei.

Es ist gut, sich das immer wieder bewusst zu machen.
Jesus ist jetzt hier bei mir.

Gegen den Weihnachts- und auch gegen sonstigen Stress hilft es sowieso, Dinge wirklich bewusst zu tun.
Dazu wurde mir vor ein paar Jahren mal eine Geschichte wichtig:
Ein Weiser wurde gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so ausgeglichen sein könne.
Er sagte:
„Wenn ich stehe, stehe ich,
wenn ich gehe, gehe ich,
wenn ich sitze, sitze ich,
wenn ich esse, esse ich …“
Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten:
„Das tun wir auch, aber was machst Du darüber hinaus?“
Er sagte:
„Wenn ich stehe, stehe ich,
wenn ich gehe, gehe ich,
wenn ich … „
„Aber das tun wir doch auch!“,
unterbrachen sie ihn.
Er aber sagte zu ihnen:
„Nein –
wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,
wenn ihr steht, dann lauft ihr schon,
wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“

Damals habe ich immer wieder versucht das umzusetzen.
Ich kann mich noch darin erinnern,
wie ich vor 4 Jahren manchmal die Treppe zu meiner Wohnung hochging
und mir dabei sagte
„Ich gehe gerade die Treppe zu meiner Wohnung hoch“.
Das hilft wirklich, es nimmt einem Stress weg und schenkt Ruhe.

Gestern sass ich an meinem Computer und schrieb noch an dieser Predigt.
Ich war recht unruhig, weil sie ja ziemlich bald fertig sein musste.
Dann machte ich mir genau zu diesem Punkt, wo wir gerade sind, Gedanken.
Dabei stand ich auf, um meine Wasserflasche aufzufüllen,
– ohne das meine Gedanken aufhörten.
Auf dem Weg zurück zum Schreibtisch war ich schon am Trinken und dachte plötzlich:
„Daniel, du denkst gerade darüber nach, dass man alles bewusst tun sollte
und holst dir nebenbei vollkommen unbewusst Wasser und trinkst!
Ist das nicht ein Widerspruch?“
Dann dachte ich:
„Ich trinke gerade ein Schluck frisches Wasser.
Und Jesus ist genau jetzt bei mir.“
Plötzlich war ich viel ruhiger als vorher.

Versuchen Sie das doch auch einmal.
Sagen Sie sich:
„Ich bin gerade am Weihnachtsbaum schmücken.
Jesus ist genau jetzt bei mir.“

Und sagen Sie sich jetzt einmal:
„Ich sitze gerade im Gottesdienst und höre eine Predigt.
Jesus ist genau jetzt bei mir.“

Ja, Jesus ist genau jetzt bei dir.
Er möchte dir dienen.
Er möchte deine Sorgen auf sich nehmen.
Er möchte, dass du dir keinen Stress machst.
Und er freut sich, wenn du dir für ihn Zeit nimmst.
Wenn du ihm zuhörst.
Wenn du darüber nachdenkst, was Weihnachten für dich bedeutet.

Aber auch sonst ist er bei dir und freut sich über dich.
Er ist immer bei dir.
Auch in den letzten beiden Adventswochen.
Bei allem, was noch getan werden muss.
Und an Weihnachten.
Und darüber hinaus.
Jesus ist bei dir.

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Gemeinde und Glaube – Kultur und Welt

Gemeinde und ihre Formen sind durch Kultur geprägt.
Es gibt keine Gemeinde, die nicht von der Kultur bzw. Gesellschaft bzw. „Welt“ geprägt ist. Es gibt auch kein Glaube, der dies nicht ist. Die Frage ist nur, von welcher Kultur. Der (bzw. einer) heutigen oder einer vergangenen?

Wir denken oft, dass die gewohnten Gemeinde-, Denk- und Glaubensformen die einzig richtigen und auch die biblischen sind.
Warum eigentlich? Ein Großteil, der Dinge, die wir in Gemeinden tun (und auch denken) sind in den letzten 5 Jahrhunderten nach und nach entstanden bzw. entwickelt worden, manches sogar erst vor recht kurzer Zeit.
Ein schönes Beispiel ist die Kleidung von Diakonissen. Jeder kennt sie, schwarz/dunkelblau/grau und auf jeden Fall mit „Haube“. Daran können wir klar erkennen, das sie irgendwie „nicht von dieser Welt“ sind, etwas Besonderes. Aber warum tragen sie überhaupt diese Kleidung? Ganz klar – um auszusehen wie eine verheiratete Frau! Ja, wirklich. Im 19. Jahrhundert, als Diakonissen „erfunden“ wurden, bekamen sie die Tracht von verheirateten Frauen, damit sie als gleichwertig angesehen wurden (eine geniale Idee war das). Man hat sich also bewusst der Welt „angepasst“ und das auch eine Zeit lang durchgehalten, bis man irgendwann nicht mehr mit der Mode ging.
Genauso ist das mit vielen Dingen in unseren Gemeinden. Sie sind in einer bestimmten Kultur, einem bestimmten Kontext entstanden, die Kultur hat sich geändert. Und die Gemeinden?

Ist das denn schlimm, dass vieles, was wir tun und denken, gar nicht so „biblisch“ ist?
Nein, gar nicht. Die Bibel ist (im Gegensatz zum Koran) in einem sehr langen Zeitraum entstanden und schon innerhalb der Bibel entdecken wir viele verschiedene Kulturen und auch sehr unterschiedliche Weisen, wie man Glauben gelebt und gedacht hat. „Biblisch“ ist es also eigentlich gerade, wenn man Dinge immer wieder verändert und nicht bei einer Form stehen bleibt.

PS: Ich möchte mit diesem Post nichts gegen irgendwelche Formen sagen (und auf keinen Fall irgendwas gegen Diakonissen). Vieles ist gut und ist auch für viele Menschen das Richtige. Ich finde es nur sehr schwierig, bestimmte Formen oder Denkweisen als „heilig“ darzustellen und bei anderen die Anpassung an die Welt, die „Verweltlichung“ zu kritisieren.