Bonhoeffer: Erlösungsreligion

Wie gesagt fasziniert mich gerade Bonhoeffer. Ich habe am Wochenende einfach mal durch Widerstand und Ergebung geblättert und bin bei einem Brief vom 27.6.1944 hängengeblieben. Dort schreibt Bonhoeffer über das Alte Testament und das Christentum als Erlösungsreligion (passend zu meinen Gedanken über Erlösung).
Für ihn ist es klar, dass der Glaube im AT keine Erlösungsreligion ist, es wird vielmehr die diesseitige Geschichte Gottes mit Israel beschrieben. Und auch durch das Christentum wird für Bonhoeffer das Schwergewicht nicht ins Jenseits verschoben, auch das NT verweise auf das Diesseits. Bonhoeffer schreibt:

Der Christ hat nicht wie die Gläubigen der Erlösungsmythen aus den irdischen Aufgaben und Schwierigkeiten immer noch eine letzte Ausflucht ins Ewige, sondern er muß das irdische Leben wie Christus … ganz auskosten und nur indem er das tut, ist der Gekreuzigte und Auferstandene bei ihm und ist er mit Christus gekreuzigt und auferstanden. Das Diesseits darf nicht vorzeitig aufgehoben werden.

Aussagen wie „auf das Leben hier kommt es ja nicht an“, „es geht ja erst nach dem Tod richtig los“, „das Leben ist nur eine Übung für die Ewigkeit“ gefallen mir schon länger nicht. Ich glaube, dass unser Leben hier auf dieser Welt wichtig ist und auch unser Handeln Bedeutung hat…
Trotzdem stimme ich Bonhoeffer auch bei folgendem Zitat zu:

Auf dem Wege zur Freiheit ist der Tod das höchste Fest.

Ansonsten habe ich am Wochenende auch begonnen „Velvet Elvis: Repainting the Christian Faith“ von Rob Bell zu lesen, wozu ich mich fast verpflichtet fühle. Denn durch eine Google-Suche nach Rob Bell sind immerhin schon 101 Menschen auf meinem Blog gelandet…

Bonhoeffer: Religionsloses Christentum

Ich mag ja Zufälle.

Der Zufall heute:

Viele spannende, faszinierende, kontroverse, nachdenkenswerte Gedanken…
Ich habe mir das jetzt schon zweimal angehört und auch das Buch aus dem Regal gezogen. Werde es auf jeden Fall mit in die Weihnachtsferien nehmen und vielleicht sogar lesen.

Der Papst predigt in Mücnhen

Heute morgen predigte Papst Benedikt XVI. in München. Ich bin mal wieder begeistert. Deshalb präsentiere ich euch hier meine Highlights aus der Predigt, sozusagen ein „Best-Of-Mix“. Wobei es mir schwer fiel, überhaupt etwas zu streichen, deshalb ist es immer noch recht lang – sorry. Aber es lohnt.
Los geht’s:

Liebe Schwestern und Brüder!

…Alle drei Lesungen [die wir gehört haben] sprechen von Gott als Zentrum der Wirklichkeit und als Zentrum unseres eigenen Lebens. … Sie wollen uns zu Gott hinführen und uns so auf den rechten Weg bringen. Mit dem Thema Gott ist aber das soziale Thema, unsere Verantwortung füreinander, für die Herrschaft von Gerechtigkeit und Liebe in der Welt verbunden. …

Die Nächstenliebe, die zuallererst Sorge um die Gerechtigkeit ist, ist der Prüfstein des Glaubens und der Gottesliebe. Jakobus nennt sie das„königliche Gesetz“. Er läßt darin das Lieblingswort Jesu durchblicken: das Königtum Gottes, die Herrschaft Gottes. Damit ist nicht irgendein Reich gemeint, das irgendwann einmal kommt, sondern daß Gott bestimmend werden muß für unser Leben und Handeln. Darum bitten wir, wenn wir sagen: Dein Reich komme; wir beten nicht um irgend etwas Entferntes, das wir selber gar nicht zu erleben wünschen. Wir beten vielmehr darum, daß jetzt Gottes Wille unseren Willen bestimme und so Gott in der Welt herrsche; darum also, daß Recht und Liebe entscheidend werden in der Ordnung der Welt. Eine solche Bitte richtet sich gewiß zuerst an Gott, aber sie rüttelt auch an unser eigenes Herz. Wollen wir das eigentlich? Leben wir in dieser Richtung?
Jakobus nennt das „königliche Gesetz“, das Gesetz von Gottes Königtum, zugleich Gesetz der Freiheit: Wenn alle von Gott her denken und leben, dann werden wir gleich, und dann werden wir frei, und dann entsteht die wahre Geschwisterlichkeit.
Wenn Jesaja in der ersten Lesung von Gott spricht, dann redet er zugleich vom Heil für die Leidenden, und wenn Jakobus von der sozialen Ordnung als dringlichem Ausdruck unseres Glaubens redet, dann spricht er ganz selbstverständlich von Gott, dessen Kinder wir sind.

Auch da [bei der Heilung eines Taubstummen durch Jesus] sind wieder die beiden Seiten des einen Themas da. Jesus wendet sich den Leidenden zu, denen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt sind. Er heilt sie und führt sie so in die Möglichkeit des Mitlebens und Mitentscheidens, in die Gleichheit und Brüderlichkeit ein. Das geht natürlich uns alle an: Jesus zeigt die Richtung unseres Tuns an.
Der ganze Vorgang hat aber noch eine tiefere Dimension. … Es gibt eine Schwerhörigkeit Gott gegenüber, an der wir gerade in dieser Zeit leiden. Wir können ihn einfach nicht mehr hören – zu viele andere Frequenzen haben wir im Ohr. Was über ihn gesagt wird, erscheint vorwissenschaftlich, nicht mehr in unsere Zeit passend. …
Durch den Glauben will Jesus uns an seinem Sehen Gottes, an seinem Hören und an seinem Reden mit dem Vater beteiligen. … Das Evangelium lädt uns ein, wieder zu erkennen, daß es bei uns ein Defizit in unserer Wahrnehmungsfähigkeit gibt – einen Mangel, den wir zunächst gar nicht als solchen spüren, weil ja alles andere sich durch seine Dringlichkeit und Einsichtigkeit empfiehlt; weil ja scheinbar alles normal weitergeht, auch wenn wir keine Ohren und Augen mehr für Gott haben und ohne ihn leben. …

Die katholische Kirche in Deutschland ist großartig durch ihre sozialen Aktivitäten, durch ihre Bereitschaft zu helfen, wo immer es not tut. … Dann und wann sagt aber ein afrikanischer Bischof: „Wenn ich in Deutschland soziale Projekte vorlege, finde ich sofort offene Türen. Aber wenn ich mit einem Evangelisierungsprojekt komme, stoße ich eher auf Zurückhaltung.“

Offenbar herrscht da doch bei manchen die Meinung, die sozialen Projekte müsse man mit höchster Dringlichkeit voranbringen; die Dinge mit Gott oder gar mit dem katholischen Glauben, die seien doch eher partikulär und nicht gar so wichtig. Und doch ist es gerade die Erfahrung dieser Bischöfe, daß die Evangelisierung vorausgehen muß; daß der Gott Jesu Christi bekannt, geglaubt, geliebt werden, die Herzen umkehren muß, damit auch die sozialen Dinge vorangehen; damit Versöhnung werde; damit zum Beispiel Aids wirklich von den tiefen Ursachen her bekämpft und die Kranken mit der nötigen Zuwendung und Liebe gepflegt werden können.

Das Soziale und das Evangelium sind nicht zu trennen. Wo wir den Menschen nur Kenntnisse bringen, Fertigkeiten, technisches Können und Gerät, bringen wir zu wenig. …

Die Völker Afrikas und Asiens bewundern zwar unsere technischen Leistungen und unsere Wissenschaft, aber sie erschrecken zugleich vor einer Art von Vernünftigkeit, die Gott total aus dem Blickfeld des Menschen ausgrenzt und dies für die höchste Art von Vernunft ansieht, die man auch ihren Kulturen aufdrängen will. Nicht im christlichen Glauben sehen sie die eigentliche Bedrohung ihrer Identität, sondern in der Verachtung Gottes und in dem Zynismus, der die Verspottung des Heiligen als Freiheitsrecht ansieht und Nutzen für zukünftige Erfolge der Forschung zum letzten ethischen Maßstab erhebt.
Liebe Freunde! Dieser Zynismus ist nicht die Art von Toleranz und kultureller Offenheit, auf die die Völker warten und die wir alle wünschen. Die Toleranz, die wir dringend brauchen, schließt die Ehrfurcht vor Gott ein – die Ehrfurcht vor dem, was anderen heilig ist. Diese Ehrfurcht vor dem Heiligen der anderen setzt voraus, daß wir selbst die Ehrfurcht vor Gott wieder lernen.
Diese Ehrfurcht kann in der westlichen Welt nur dann regeneriert werden, wenn der Glaube an Gott wieder wächst … Wir drängen diesen Glauben niemandem auf … Der Glaube kann nur in Freiheit geschehen. Aber die Freiheit der Menschen rufen wir an, sich für Gott aufzutun; ihn zu suchen; ihm Gehör zu schenken. …

Die Welt braucht Gott. Wir brauchen Gott. Welchen Gott? In der ersten Lesung sagt der Prophet zu einem unterdrückten Volk: Die Rache Gottes wird kommen. … Aber der Prophet selber sagt dann, worin diese Rache besteht: in der heilenden Güte Gottes. Die endgültige Auslegung des Prophetenwortes finden wir in dem, der am Kreuz gestorben ist – in Jesus, dem menschgewordenen Sohn Gottes. Seine „Rache“ ist das Kreuz: das Nein zur Gewalt, die „Liebe bis ans Ende“. Diesen Gott brauchen wir.
Wir verletzen nicht den Respekt vor anderen Religionen und Kulturen, die Ehrfurcht vor ihrem Glauben, wenn wir uns laut und eindeutig zu dem Gott bekennen, der der Gewalt sein Leiden entgegenstellt; der dem Bösen und seiner Macht gegenüber als Grenze und Überwindung sein Erbarmen aufrichtet.

Ihn bitten wir, daß er unter uns sei und daß er uns helfe, ihm glaubwürdige Zeugen zu sein. Amen.

Benedikt spricht über Themen, die mich zur Zeit (und schon länger) sehr beschäftigen: Mission, Reich Gottes, das „soziale Thema“, Asien und Afrika, unsere Gesellschaft…
Das find ich gut.

Technorati Tags:

100 Fragen an 112 Prominente

Am 9. September versammelten sich in Berlin auf dem Bebelplatz 112 Prominente an einem runden Tisch um 100 Fragen zu beantworten. Fragen wie „Hängt unser Reichtum davon ab, dass die Menschen in der Dritten Welt arm sind?“, „Fördert wirtschaftliche Globalisierung Demokratie oder festigt sie Diktaturen?“, „Gibt es etwas besseres als Demokratie?“, „Welche Religion hat Gott?“ und „Was die drei wichtigsten Werte sind, die man seinem Kind vermitteln sollte?“.
Dieses wie ich finde spannende Event kann man sich per Stream auf droppingknowledge.org anschauen.

Technorati Tags:

Augenblicke der Wahrheit – weiteres

Wahrheit. Was ist Wahrheit?

Ein paar Gedanken dazu:

Dies sind erstmal die letzten Augenblicke der Wahrheit. Ich weiß, Wahrheit ist ein Thema ohne Ende…
Also, noch ein paar Links und Zitate:

Die Wikipedia schreibt auch viel über Wahrheit. Dort bekommt man auch eine kurze Einführung in verschiedene Wahrheitstheorien, mit denen ich mich hier ja nicht weiter beschäftigt habe.
Hier noch ein kurzes Zitat daraus:

Während sowohl Wissenschaften als auch Religionen beanspruchen, Wahrheit zu formulieren, wird in der Philosophie der Gegenwart auch die Frage aufgeworfen, ob dies überhaupt möglich ist.

Bei Wikiquote findet man viele Zitate zum Thema Wahrheit. Hier ein Beispiel von Ludwig Feuerbach:

Wo keine Liebe ist, ist auch keine Wahrheit.

Auch auf vielen Blogs wird immer wieder über Wahrheit geschrieben und diskutiert. Die letzten Tage zum Beispiel auf Joshas Blog. Hier ein Zitat aus einem Kommentar von Bernhard:

Und ich werd mich als Theologe und als Christ niemals aus dem Fenster lehnen und sagen: „Ich HABE die Wahrheit„, sondern ich werde folgendes tun. Ich werde auf Den hinweisen, der von sich sagt, dass Er ist Wahrheit IST. Mehr ist mir nicht möglich, mehr ist nicht nötig und weniger ist Selbsttäuschung.


Ansonsten Google fragen. Die verraten mir auch, dass in Kassel und Gießen am meisten nach Wahrheit gesucht wird.

Bisherige Augenblicke der Wahrheit:
Katholische Kirche
Jesus und Pilatus
Griechisches Denken
Hebräisches Denken
Mittelalter
Anselm Grün
Friedrich Nietzsche
Kester Brewin
Jesus Christus

Technorati Tags:

Unterichtsnotizen

Hier in Tabor wird der Unterricht von Semester zu Semester spannender. Seit Anfang Februar bin ich nun im vierten Semester. Neben Hebräisch lernen wir, was es mit Luther und der Reformation so auf sich hat (Kirchengeschichte), wie man predigt (Homiletik), das Neue Testament richtig auslegt (NT-Exegese) und was Religion und Geschichte, Glaube und Philosophie miteinander zu tun haben (Dogmatik Prolegomena). Das alles macht echt viel Spaß :-). Wobei mein akuteller Favorit Dogmatik ist…
Ich glaube, die nächste Zeit werde ich öfters mal Unterichtsnotizen bloggen, bisher war das nicht so spannend (wer möchte hier griechische Konjugationen lesen?), aber inzwischen lerne ich viele Dinge, die auch dich interessieren könnten.

Technorati Tags: