Shusaku Endo und Kontextualisierung

Schon seit langer Zeit möchte ich mal was zu Shusaku Endo schreiben (ungefähr seitdem Martin Scorsese ankündigt, Endos größten Roman „Schweigen“ zu verfilmen). Der 1996 verstorbene japanische Schriftsteller versuchte als Katholik dem christlichen Glauben das europäische Kleid abzunehmen und ihm ein japanisches Gewand zu geben. Dieses Thema taucht in den meisten seiner Bücher in irgendeiner Form auf und macht sie auch Jahrzehnte nach dem Erscheinen noch spannend.

Bisher habe ich Schweigen, Sünde und Der Samurai gelesen, die ich in dieser Reihenfolge auch empfehlen würde. Meine aktuelle Bettlektüre ist der Roman „Der Vulkan“ aus dem Jahr 1960. Dort lässt er einen alten, französischen Ex-Prieter sagen:

„Wer keine Schuld empfindet, der kann nicht an Gott glauben. Und ihr Japaner empfindet doch keine Schuld.“

Ist das so? Kann man nur an Gott glauben, wenn man Schuld empfindet?

Ich denke Endo spielt hier auf ein Problem an, dass uns heute auch in Europa beschäftigt: Das Evangelium wird häufig vor allem in den Kategorien Schuld und Sühne gepredigt. Diese Kategorien sind für viele Menschen aber nicht mehr so zentral wie sie einmal (für viele) waren. Peter geht in seinem Artikel über „Spiral Dynamics“ in ZeitGeist 2 darauf ein, wie Erlösung aus der blauen Sicht vor allem als Tilgung objektiver Schuld gesehen wird. Für Menschen, die nicht diese blaue Sicht haben, muss sie aber anders beschrieben werden (Peters Ansätze dazu).

Vielleicht gehörten die Japaner der 1950er-Jahre, die Endo vor Augen hatte, einfach nicht zu dieser „blauen Spirale“ …

Und mal schauen, ob Endo in dem Buch noch eine Antwort auf die Frage präsentiert, ob Japaner überhaupt glauben können.

Kompakt Benefit Compilation for Japan

Kompakt hat eine Benefiz-Compilation für Japan veröffentlicht. Für 7,99€ bekommt man 34 Tracks von Ambient bis Techno.  Das Geld wird zu 100% (sofern man bei Bandcamp bestellt) an das Rote Kreuz für Japan gespendet.

Wenn du also gerne elektronische Musik hörst oder entdecken möchtest, spricht wenig dagegen, die Compilation runterzuladen und damit Japan zu unterstützen.
Wer sich noch nicht sicher ist, kann hier erst einmal reinhören:

#prayforjapan

Samstagvormittag:
Bei der Gemeinde 2.0-Konferenz spricht ein englischer Bischof zum Thema „Risiko und Evangelium“. Als er gerade Ulrich Becks „Risikogesellschaft“ (nach dem Motto „mit zunehmenden Wohlstand schaffen wir immer höhere Risiken“) zitiert, lese ich via Twitter von der ersten Explosion im Atomkraftwerk Fukushima. Das Restriskio ist da. Spätestens ab diesem Moment wartet man auf die neusten Ticks in diversen Newstickern (wohl nicht nur Sascha Lobos Alter Ego Benzini forderte da „nicht so herumzueiern und doch bitte endlich mindestens eine von diesen verdammten Kernschmelzen zu Ende zu bringen“). Später am Tag halten wir ein Seminar zu fairlangen.org, um noch später an der Raststätte zu halten, um einen Burger zu essen. Zuhause wartet Japan. In Worten und Bildern. Was soll man tun? Viele beten (#prayforjapan), andere ärgern sich, dass einem als Atheist noch nicht einmal diese Option übrig bleibt. Eine Option gibt es  noch: Auf die Straße gehen und sich dafür einsetzen, dass in Deutschland Atomkatastrophen unwahrscheinlicher werden („Abschalten!“). Gesagt, getan (das ist dann wohl eine 180°-Umkehr, wenn auch nur für 3 Monate). Gleichzeitig lobt ein nordafrikanischer Diktator Deutschland und freut sich, dass er weiterhin ungestört mit europäischen Waffen seine Landsleute vernichten kann.

Mittwochabend:
Nach dem interkulturellen Stadtteil-Dialog und der Kreuzweg-Vorbereitung, sitze ich am Schreibtisch und will an der Predigt über Jesus und das Zeichen des Jona weiter schreiben. Nebenbei läuft der Newsticker. Ich schreibe diese Zeilen. Ich bin verwirrt. Ich denke an den liturgischen Namen des nächsten Sonntags: Reminiszere – nach Psalm 25,6: „Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.“