Up, In, Out

In zwei Stunden ist der Neustart der Jugendarbeit bei ELIA.

Wir starten wirklich neu und deshalb konnten wir auch darüber nachdenken, was wir mit der Jugendarbeit wollen. Dabei half vor allem das Buch Aktivgruppen von Reinhold Krebs und Burkhard vom Schemm, auf das ich durch Zufall* (genau an dem Tag als ich hörte, dass ein Neustart notwendig sein wird) durch einen Artikel in ZeitGeist stieß.

Die Grundaussage ist: Gemeinde (und damit auch Jugendarbeit) sollte immer drei Dimensionen haben: UP, IN und OUT:

  • UP – Beziehung zu Gott – Glauben
  • IN – Beziehungen untereinander – Gemeinschaft
  • OUT – Beziehungen nach außen – Außenwirkung

Eine Möglichkeit, diese drei Dimensionen zu leben sind Aktivgruppen. In Aktivgruppen werden gemeinsam Ideen entwickelt und Projekte umgesetzt – ob Jugendgottesdienst, MultiMedia-Angebote oder Kindergeburtstags-Partyservice, wichtig ist, dass die Projekte eine positive Wirkung über die Gruppe hinaus haben (OUT). Bei den gemeinsamen Aktionen erleben Jugendliche Gemeinschaft (IN) und entfalten Gaben und entdecken ihren Glauben, der direkt aktiv gelebt wird (UP).

Heute beim ersten Treffen werden wir gemeinsam Ideen für ein Projekt sammeln und dann beim nächsten Treffen entscheiden, was wir tun wollen. Es geht also nicht darum, dass ein paar Erwachsene ein Programm vorgeben, sondern dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Ich bin sehr gespannt, in welche Richtung das gehen wird und freue mich darauf!

Mehr Informationen über Aktivgruppen gibt’s beim _puls-Projekt.

* Zufall heißt für mich: Etwas fiel mir/uns zu. Und woher? Von Gott natürlich.

Zitat für den Augenblick 038

Auch ich lese zur Zeit den Artikel über Paulus und die Philosophen in der Zeit. Habe zwar gerade ein Probeabo, kam aber letzte Woche nicht dazu, den Artikel zu Ende zu lesen. Eben las ich weiter und stieß auf folgenden Absatz (der auch zur Diskussion über Werte bei meinem letzten kurzen Artikel passt):

Alain Badiou lehnt alle drei Modelle [einer Begründung des Politischen; D.H.] ab. Für ihn besteht die Radikalität von Paulus gerade darin, dass die neue christliche Gemeinschaft weder auf gemeinsamen Werten noch auf gemeinsamen Regeln noch auf dem Respekt vor Verschiedenheit beruht, sondern allein auf dem Bekenntnis zum Christusereignis.

Kirche, missional, Cluster

Workshop beim Emergent Forum 2008 mit Kerstin Kühnel aus der City Church Würzburg (CC) mit dem spannend klingenden Thema „Prozesse von einer Kirche zu einer missionalen Gemeinschaft mit Clustern“.

Ein paar Stichworte, die nicht zwischen Kommentaren, Bericht und Zitaten trennen (mehr für mich zum daran erinnern, aber vielleicht bringen sie euch ja auch etwas):

City Church: Vision, Struktur, Prozesse

  • „Kirche sein in Mitten des Lebens“
  • Kreativität, Innovation, authentisch leben
  • Jesus im Zentrum – Lebensgemeinschaft – Menschen erreichen
  • Mitte: Elemente (Mitglieder) – 140 Leute
    weiter außen: MiniChurch-Teilnehmer – 280
    ganz außen: Gottesdienstbesucher – 450
  • Gottesdienste, Mini-Churches (Hauskreise), X-teens etc.

Cluster:

  • Hauskreise (so anfangs bei CC) tun sich zusammen, die geographisch oder thematisch zusammen passen
  • Nicht nur die kleine Gruppe (Hauskreise) und die ganz große (Gottesdienste), sondern auch mittlere Gruppen (Cluster)
  • Das große ist groß, um die anderen zu kennen. Das kleine ist zu klein, um eine Außenwirkung zu haben.
  • Gerade ist hier ne ziemliche Spannung im Raum, alle Fragen sich: „Was machen Cluster nun eigentlich?“ – Kerstin will diese Spannung aufrecht erhalten. Denn das ist genau die Spannung, die es bei der CC am Anfang auch gab.
  • Hauskreis schließen sich zusammen – Hauskreisleiter gingen aufeinander zu.
  • Erfolg: Wenn Menschen selbstständig beginnen Jesus nachzufolgen und dies sichtbar wird
  • Viele Fragen, wenig Antworten gibt es hier. Denn es geht um gemeinsame Prozesse.
  • In Gemeinde/Cluster wichtig: drei Dimensionen: In (Gemeinschaft) – Out (Außenwirkung) – Up (Gottesbeziehung)

Prozesse in der CC:

  • Gemeindeleitung lässt sich zweimal pro Jahr von außen (anderen Projekten) inspirieren bzw. zieht sich zurück
  • Vision/Bild entwickelt
  • Vier Kerne: 1. Vernetzende Kirche sein • 2. inkarnierende Kirche (Ideen: WGs, Kommunitäten, Cafe, sozialmissionarische Projekte…) • 3. organische Kirche (weniger von oben bestimmen…) • 4. stärkende Kirche sein (Gebet hält zusammen, deshalb mind. einmal im Jahr 24/7-Prayer (eine Woche nur CC, eine Woche offen), Teenarbeit, Basic-Kurs (in Kneipen), …)
  • Erster Cluster startete: 3 Hauskreise schließen sich zusammen. Schnell Frage: Was ist der Unterschied zu sonst?
  • Young-Leaders-Kurs: Junge Leute werden zu Leitern ausgebildet – einmal im Jahr für ein halbes Jahr (haben die Aufgabe eigene Projekte zu entwickeln)
  • Gemeindefreizeit im Januar – neue Gedanken reinbringen
  • Es gibt Angst vor Veränderung (auch schon nach drei Jahren)
  • Foren zu bestimmten Themen/Veränderung mit Möglichkeit zum Gespräch
  • Cluster funktionieren in der CC nicht mehr über Hauskreise
  • Veränderung braucht einige Jahre Zeit
  • Frage kommt immer wieder: „Will ich das überhaupt leben?“
  • Cluster bei CC: einer Gottesdienst – anderer engagiert sich bei einem sozialen Projekt im Stadtteil – noch andere laden junge Familien in der Nachbarschaft ein (hat zwei Jahre gebraucht, bis so ein „missionaler Cluster“ entstand)
  • Wie schaffe ich ein Bewusstsein in der Gemeinde? Zu Foren/Konferenzen einladen, Bücher empfehlen, immer wieder thematisieren…
  • Spannung: Wie schaffe ich es neben dem ganzen Gemeindezeugs mich in Cluster zu engagieren? -> Antwort: Oft geht es nicht. Dann das Gemeindezeugs sein lassen!
  • Kommentar aus dem Live-Blog: [Comment From k.] @hufi: Genau, das ist es: selbständige Nachfolge. Organisation und Strukturen (z. B. Cluster) können einen Raum dafür schaffen, aber ob es tatsächlich passiert, steht auf einem ganz anderen Blatt
  • Seit einem Jahr arbeiten auch Nicht-Christen in den Gemeinde-Teams mit -> Entlastung für die Mitarbeiter
  • Angst vor Paradigmenwechsel -> braucht Zeit und Sicherheit von der Leitung -> daher wird z.B. der Gottesdienst nicht „gesprengt“
  • Floyd McClung: 5-10% Initiatoren, 60% laufen mit, 10-15% verlassen die Gemeinde (hmm, irgendwie fehlen mir 20%, was war mit denen?) – (Kerstin erklärt in den Kommentaren, wie es richtig ist: 5-10% Initiatoren, 60-70% nicht positioniert, 10-20% verlassen die Gemeinde/ Widerständler)

Gut, mir hat es etwas gebracht.


andere Blogger über das Emergent Forum 2008

Jugendreferent_in gesucht!

RETURN Korbach, eine super Jugendarbeit in meiner Heimat (genauer in der Kleinstadt, in der ich zur Schule ging) hat ein nettes Problem: Sie haben „zu viele“ Jugendliche. Also auch viel Arbeit. Und für diese wunderbare Arbeit suchen sie einen Jugendreferenten, eine Jahrespraktikantin oder ähnliches. Alle weiteren Infos findet ihr auf dem Flyer:

jugendreferent-korbach.jpg

Kritik an der Gesellschaft

Bei beiden „Entdecke Emerging Church“-Seminaren am Samstag kam die Frage auf, ob nicht auch Kritik an der Gesellschaft wichtig wäre, Jesus habe ja auch ziemlich deutlich Sünde/Missstände angesprochen. Davor hatte ich von Inkarnation, Kontextualisierung und „in die Welt gesandt sein“ gesprochen

Ein paar Gedanken zu diesen Nachfragen/Vorwürfen (am Samstag waren es Nachfragen, ich habe das aber auch schon als Vorwurf gehört/gelesen):

Christen sollten nicht nur als Moralapostel mit erhobenem Zeigefinger wahrgenommen werden. Ich will nicht zu einem Verein gehören, der vor allem dafür bekannt ist, gegen Homosexualität, Abtreibung und Evolution zu sein. Denn im christlichen Glauben geht es nicht darum, gegen etwas zu sein. Es geht um eine gute Botschaft, um einen Gott der für uns ist.

Ja, es besteht die Gefahr, dass wir uns in der Gesellschaft auflösen und kein klares Profil mehr zeigen (und das ist sicherlich auch eine der Gefahren der Emerging Church). Das ist aber nicht mein Ziel und auch nicht das Ziel der Leute aus dem „emergenten Diaolog“, die ich kenne.

Gemeinde sollte „Kontrastgesellschaft“ sein. Jesus drückt das wunderbar mit den Worten Salz bzw. Licht der Welt aus. Ein klarer Kontrast. Aber ein positiver.

Dazu ein Absatz aus meiner Diplomarbeit:

So ist es auch heute nicht die Aufgabe einer Gemeinde die gesellschaftlichen Strukturen und Lebensentwürfe zu bewahren, sondern diese zu hinterfragen und eine alternative Kultur zu vermitteln. Dabei hinterfragt die Gemeinde die Gesellschaft nicht einfach um des Widerspruchs willen, sie schaut auch nicht aus einem elitären Verständnis auf die Gesellschaft herab. Was Kontrastgesellschaft stattdessen bedeutet, führt GERHARD LOHFINK in ‚Wie hat Jesus Gemeinde gewollt?’ aus:

„Gemeint ist vielmehr einzig und allein Kontrast für die anderen und um der anderen willen, also jene Kontrastfunktion, die unüberbietbar ausgesprochen ist in den Bildern vom ‚Salz der Erde’, vom ‚Licht der Welt’ und von der ‚Stadt auf dem Berg’ (Mt 5,13f). Gerade weil die Kirche nicht für sich selbst, sondern ganz und ausschließlich für die Welt da ist, darf sie nicht zur Welt werden, sondern muß ihr eigenes Gesicht behalten. Falls sie ihre Konturen verliert, ihr Licht auslöscht und ihr Salz schal werden läßt, kann sie die übrige Gesellschaft nicht mehr verändern. Dann hilft keine missionarische Aktivität mehr; dann hilft kein noch so betriebsames gesellschaftliches Engagement nach außen hin mehr.“ (Lohfink, Wie hat Jesus Gemeinde gewollt, 169)

Außerdem braucht man Autorität und/oder eine gute Beziehung, damit Kritik auch wirklich ankommt. Wenn ein Professor mich (bzw. meine Gedanken/Taten) kritisiert, höre ich hin. Wenn ein Freund mich kritisiert, höre ich hin. Aber wenn ein merkwürdiger Fremder mich kritisiert, interessiert mich das äußerst selten. – Für die meisten Menschen sind wir Christen merkwürdige Fremde…

Bevor wir kritisieren sollten wir versuchen, erst einmal positiv aufzufallen. Indem wir das tun, wozu wir von Jesus eindeutig berufen sind: Unsere Nächsten (ganz praktisch) zu lieben. Ja, wo fordert uns eigentlich Jesus auf, Sünde in der Gesellschaft (bzw. bei Menschen außerhalb der Gemeinde) zu kritisieren? Mir fallen da spontan eher gegenteilige Stellen ein: Matthäus 7,1-5 zum Beispiel.

Wenn irgendein Pfarrer ein Buch über sexuelle Verwahrlosung bei Kindern und Jugendlichen in einem frommen Verlag schreiben würde, wen/welche Medien würde das interessieren?

Wenn aber solch ein Pfarrer vorher ein großes christliches Kinder- und Jugendprojekt aufbaut, in dem Nächstenliebe und Einsatz für Gerechtigkeit („Trachtet zuerst nach…“) praktisch werden, das wirklich Salz und Licht in teilweise ziemlich dunkler Umgebung ist, dann berichten plötzlich (fast) alle großen Medien darüber. Die Kritik kommt an.

Außerdem findet man auch in der „emerging conversation“ immer wieder klare Kritik an der Gesellschaft. Ein wichtiges Thema ist zum Beispiel Kritik an der Konsumgesellschaft (u.a. Jason Clark bei den „Emergent Deutschland“-Veranstaltungen letztes Jahr oder natürlich Shane Claiborne). Das Kritik/Umdenken/Handeln in diesen Bereichen notwendig, merkt die letzten Wochen hoffentlich jeder. Hier ist es sicherlich auch Aufgabe der Gemeinde, Kontrastgesellschaft zu sein und Alternativen aufzuzeigen.

Wie müsste das Leben der Christen/Gemeinden aussehen, damit wir in einer Gesellschaft, die von Konsum, Geiz, sexueller Verwahrlosung etc. geprägt ist, wirklich Licht für die Menschen um uns herum sind? – Und zwar kein Licht, dass nur auf als Scheinwerfer auf angebliche Sünde strahlt, sondern ein Licht, das den Menschen hilft, ein Licht, das es hell macht, das wärmt, das Freude bringt und den Weg weist.

Antwort auf den Kapitalismus?

Wenn inzwischen sogar FDP-Wähler auf ihrem Blog die „10 Desillusionierungen über den Kapitalismus“ (übrigens sehr lesenswert!) zusammenfassen, aus denen vorhin auch Peter zitierte, dann darf man jetzt sicherlich auch mal fragen, wie wir als Christen/Gemeinden auf den Kapitalismus antworten können.

Was meinst du?

Ist es die „Konsum-Kritik“, die in letzter immer wieder thematisiert wird, die ganze Antwort? Oder umfasst es noch mehr? Oder sollten wir das der Wirtschaft, der Politik und vielleicht noch den Medien überlassen?