Beerdigung

Malte Welding schreibt über eine (fiktive? man weiß es nicht) Beerdigung. Aus diesem schön geschriebenen Text zitiere ich mal die beiden Stellen, in denen es direkt um den (Un-)Glauben an Gott geht:

Dann fängt der Pfarrer an zu reden und es ist tatsächlich so wie alle sagen: Nichts berührt einen weniger als so eine Zeremonie. Der Gottesbeamte erzählt im ersten Drittel der Trauerrede, dass mein Vater zwar aus der Kirche ausgetreten sei, das sei aber nur eine Formalität gewesen, von Gott habe er sich nie abgewandt. Mein Vater hätte nicht einmal an Gott geglaubt, wenn dieser sich vor seinen Augen in einen brennenden Busch verwandelt und ihm hübsche Enkelkinder beschert hätte. Klar, er glaubte, dass man seine Frau nicht betrügt und Sex ein notwendiges Übel ist. Sex war viehisch und hielt die Menschen davon ab, sich zu entwickeln. Das klingt fromm, kam aber nur durch seine Erziehung. Er war ein Atheist, ohne die Freuden des Lebens ohne Gott genießen zu können. …

Dann stehen wir vor dem Grab.
Wir sprechen das „Vater unser“.
Meine Mutter schippt Erde auf den Sarg, dann meine Schwestern. Dann ich.
Dort liegt er. In diesem dunklen Loch. Das ist die Atheistenhölle. Ich werfe die Erde auf ihn.

Den restlichen Text lest hier.
Über den Weg zur Beerdigung lest: Vor der Beerdigung

Up, In, Out

In zwei Stunden ist der Neustart der Jugendarbeit bei ELIA.

Wir starten wirklich neu und deshalb konnten wir auch darüber nachdenken, was wir mit der Jugendarbeit wollen. Dabei half vor allem das Buch Aktivgruppen von Reinhold Krebs und Burkhard vom Schemm, auf das ich durch Zufall* (genau an dem Tag als ich hörte, dass ein Neustart notwendig sein wird) durch einen Artikel in ZeitGeist stieß.

Die Grundaussage ist: Gemeinde (und damit auch Jugendarbeit) sollte immer drei Dimensionen haben: UP, IN und OUT:

  • UP – Beziehung zu Gott – Glauben
  • IN – Beziehungen untereinander – Gemeinschaft
  • OUT – Beziehungen nach außen – Außenwirkung

Eine Möglichkeit, diese drei Dimensionen zu leben sind Aktivgruppen. In Aktivgruppen werden gemeinsam Ideen entwickelt und Projekte umgesetzt – ob Jugendgottesdienst, MultiMedia-Angebote oder Kindergeburtstags-Partyservice, wichtig ist, dass die Projekte eine positive Wirkung über die Gruppe hinaus haben (OUT). Bei den gemeinsamen Aktionen erleben Jugendliche Gemeinschaft (IN) und entfalten Gaben und entdecken ihren Glauben, der direkt aktiv gelebt wird (UP).

Heute beim ersten Treffen werden wir gemeinsam Ideen für ein Projekt sammeln und dann beim nächsten Treffen entscheiden, was wir tun wollen. Es geht also nicht darum, dass ein paar Erwachsene ein Programm vorgeben, sondern dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Ich bin sehr gespannt, in welche Richtung das gehen wird und freue mich darauf!

Mehr Informationen über Aktivgruppen gibt’s beim _puls-Projekt.

* Zufall heißt für mich: Etwas fiel mir/uns zu. Und woher? Von Gott natürlich.

Obama: Change und Gebete

Obamas Rede habe ich noch nicht gesehen/gehört, aber Rick Warrens Gebet habe ich eben gelesen und biete euch nun auch an, es zu lesen/mitzubeten:

Almighty God, our Father:
Everything we see, and everything we can’t see, exists because of you alone.
It all comes from you, it all belongs to you, it all exists for your glory.
History is your story.
The Scripture tells us, “Hear, O Israel, the LORD is our God, the LORD is one.” And you are the compassionate and merciful one. And you are loving to everyone you have made.
Now today, we rejoice not only in America’s peaceful transfer of power for the 44th time, we celebrate a hinge point of history with the inauguration of our first African-American president of the United States.
We are so grateful to live in this land, a land of unequaled possibility, where a son of an African immigrant can rise to the highest level of our leadership. And we know today that Dr. King and a great cloud of witnesses are shouting in heaven.
Give to our new president, Barack Obama, the wisdom to lead us with humility, the courage to lead us with integrity, the compassion to lead us with generosity.
Bless and protect him, his family, Vice President Biden, the Cabinet, and every one of our freely elected leaders.
Help us, O God, to remember that we are Americans—united not by race or religion or blood, but to our commitment to freedom and justice for all.
When we focus on ourselves, when we fight each other, when we forget you—forgive us.
When we presume that our greatness and our prosperity is ours alone—forgive us.
When we fail to treat our fellow human beings and all the earth with the respect that they deserve—forgive us.
And as we face these difficult days ahead, may we have a new birth of clarity in our aims, responsibility in our actions, humility in our approaches, and civility in our attitudes—even when we differ.
Help us to share, to serve, and to seek the common good of all.
May all people of good will today join together to work for a more just, a more healthy, and a more prosperous nation and a peaceful planet.
And may we never forget that one day, all nations–and all people–will stand accountable before you.
We now commit our new president and his wife, Michelle, and his daughters, Malia and Sasha, into your loving care.
I humbly ask this in the name of the one who changed my life—Yeshua, ‚Isa, Jesus [Spanish pronunciation], Jesus—who taught us to pray:
Our Father, who art in heaven, hallowed be Thy name.
Thy kingdom come, thy will be done, on earth as it is in heaven.
Give us this day our daily bread.
And forgive us our trespasses, as we forgive those who trespass against us.
And lead us not into temptation, but deliver us from evil, for Thine is the kingdom and the power and the glory forever.
Amen.

(via Ron Kubsch)

Auch gut: Rev. Joseph Lowery Inaugural Benediction. (via Jonny Baker)

Immer wieder höre ich Leute, die den ganzen Obama-Hype übertrieben finden und die nicht an wirklichen „Change“ glauben. Für mich zeigt sich aber auch schon an vermeintlich kleinen Dingen: Change kommt schnell.

Negative Glaubensfreiheit

Volker Beck von den Grünen schreibt auf seinem Blog „Beckstage“ über Religion (v.a. über die Katholische Kirche) und Homosexualität. Er beginnt mit einigen allgemeinen Gedanken über Religionsfreiheit:

Im Kern dieser Auseinandersetzung geht es um das Verständnis des Menschrechtes der Religionsfreiheit. Die Religions- und Glaubensfreiheit ist eines der zentralen Menschenrechte. Sie wird von vielen in ihrer Bedeutung unterschätzt und nur auf einzelne Aspekte reduziert.

Die Glaubensfreiheit schützt das Recht eines jeden, zu glauben, was man für wahr erkannt zu haben meint, jederzeit zum vermeintlich als richtig und wahr erkannten Bekenntnis zu wechseln, seinen Glauben mit anderen zu feiern, zu bekennen und auch dafür zu missionieren. Aber eben nicht nur:

Sie umfasst auch das Recht aller, die Glaubenswahrheiten anderer nicht glauben zu müssen und sich nicht nach den von anderen – auch wenn sie in der Mehrheit sind – für richtig und wahr erkannten Maximen im eigenen Leben richten zu müssen. Die negative Glaubensfreiheit.

Die negative Glaubensfreiheit ist essentiell für das Miteinander verschiedener Glaubensrichtungen überall auf der Welt. Nicht jede Religion ist irgendwo auf der Welt in der Mehrheit, jede ist aber zumindest irgendwo in der Minderheit. Dann sind ihre Anhänger essentiell darauf angewiesen, dass sie nicht glauben und leben müssen, wie die Religion der Mehrheit es vorschreibt. Von dem Respekt dieses Prinzips hängt die Freiheit der Muslime, Juden, Buddhisten und Hindus bei uns in Europa ab, der Respekt dieses Prinzips garantiert den Christen, Muslimen und Bahá’í in Israel die Freiheit ihrer Religion, und der Respekt dieses Prinzips ist Voraussetzung für das Ende der Christenverfolgung beispielsweise in Indien und einer Reihe mehrheitlich islamischer Staaten.

Nimmt man die negative Glaubensfreiheit ernst, muss es der Politik und Rechtssprechung egal sein, was Religionen, sei es die katholische Kirche oder auch der Islam, von der Homosexualität halten. Lesben, Schwule und Transsexuelle müssen sich nicht nach deren religiösen Lehren richten. Sie müssen sich aller Grundrechte unserer Verfassung und der verbrieften Menschenrechte – einschließlich des Rechts auf Nichtdiskriminierung, der Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner zu schließen oder ungehindert von rechtlichen Einschränkungen eine Familie zu gründen – erfreuen können, unabhängig vom Einspruch bestimmter Religionsführer. Glaubensüberzeugungen dürfen nicht die Freiheitsrechte von Menschen, die sich nicht nach ihnen richten wollen oder können, beschränken. Wäre es anders, wäre das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit verletzt.

Im weiteren Artikel geht es u.a. um die katholische Sexuallehre…

Ich finde den Gedanken der negativen Glaubensfreiheit spannend und sehr wichtig (ebenso wichtig wie den der positiven). Und wir sollten uns weltweit für Glaubensfreiheit einsetzen und das nicht nur selektiv, d.h. u.a. für uns in Europa auch:
wenn Christen auf Bussen werben dürfen, warum sollten …
wenn Christen nicht nach der Scharia leben müssen, warum sollten …
wenn Christen missionieren dürfen, warum sollten …
wenn Christen Kirchen bauen dürfen, warum sollten ….

Habe überlegt, ob ich hier erwähnen sollte, dass ich Volker Beck sicherlich nicht in allen Punkten zustimme, was ja manchmal Leute denken, wenn man jemanden zitiert oder auf ein Buch/Artikel hinweist, aber eigentlich finde ich das lächerlich, wenn man sich immer gleich distanziert, sobald man missverstanden werden könnte, deshalb lasse ich es hier und empfehle einfach den Artikel von Volker Beck zu lesen und darüber nachzudenken.

Wie können wir noch rumsitzen

Mychie, einer der Jugendlichen bei ELIA, schrieb mir vor ein paar Tagen folgendes in einer Mail, was ich freundlicherweise hier veröffentlichen darf (die Links habe ich hinzugefügt):

Hi,
wie können wir, als Brian McLaren– und Shane Claiborne-Leser eigentlich noch rumsitzen, und nicht.. Ins Altenheim fahren und Leute besuchen. Ins Krankenhaus fahren und kranke Leute besuchen zu denen niemand kommt. (Wir waren letztens bei einem Großonkel von mir, der vorher-nachher-Unterschied wurde sogar von einem Arzt bemerkt.) In den einen- (dritte) -Welt-Laden zusammen einkaufen gehen. Unsere eigenen Klamotten nähen, oder stricken. (Lern ich gerade von meiner Mom.) Bei irgendwelchen Leuten Schneeschieben dies nicht schaffen. Unser eigenen Gemüse bei dir im Garten anpflanzen. Spielplätze von Müll und Glasflaschen befreien, nachdem Jugendliche dort am Wochenende ihren Suff abgehalten haben. Müll aus der Landschaft beseitigen. In der Gemeinde einen grünen Sonntag ausrufen bei dem jeder, der nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommt, x Euro an Greenpeace o.ä. spenden muss und möglichst wenig Strom verbraucht wird und es nur Fairtrade-Kaffee gibt. (Oder gibts den eh immer?) Alle zusammen eine Ziege bei Oxfam unverpackt kaufen und uns freuen. Oder tausend andere Ideen die mir als unkreativem Menschen nicht einfallen und die sich nicht klauen ließen wie fast alle von denen hier… Diese Frage stell ich mir zur Zeit. (Ich bin bei „Höchste Zeit, umzudenken“ aber erst auf Seite 70, also vielleicht kommt ja noch das Patentrezept.)