Ein Prediger

Nachdem ich heute morgen gepredigt habe, lese ich jetzt natürlich interessiert einen Artikel, der mit folgenden Sätzen beginnt:

Der wahre Prediger braucht zum Predigen keine Kanzel. Denn er steht auf keinem höheren Standpunkt als seine Gemeinde, er beugt sich aber auch nicht huldvoll herab.

Weiter geht es in diesem Artikel der ZEIT nicht über das Predigen an sich, sondern über einen Prediger, der bald Bundespräsident wird: Joachim Gauck. Das Thema Predigen und auch Theologie allgemein bleibt aber zentral in dem, was Evelyn Finger schreibt.

Interessant sind auch einige dort zitierte Aussagen von Wolfgang Thierse (den ich mir auch als Bundespräsident vorstellen könnte), wie z.B. folgende:

Wir haben in Deutschland die Trennung von Kirche und Staat, aber nicht die Trennung von Religion und Politik – nur deren Unterscheidung. Die beiden Sphären haben sich ausdifferenziert, aber es gibt Zusammenhänge zwischen ihnen, und diese Zusammenhänge werden von den Menschen gelebt.

Wenn ihr also ein paar Minuten Zeit habt, lest den Artikel, der nicht nur für Prediger und Pastoren interessant ist.


Nachtrag (2012-02-27):

Sowohl Titel als auch Untertitel sind natürlich nicht so glücklich gewählt (wurden sicherlich nicht von der Autorin verfasst). Mit einer anderen Überschrift gäbe es sicherlich auch nicht so viele negative Kommentare …

Offen aus Tradition oder Sheriff Gnadenlos?

Erlangen. Offen aus Tradition.
So das Motto der Stadt, in der ich lebe.

Erlangen wird fairer.
So unser Motto mit fairlangen.org.

Sheriff Gnadenlos.
So wurde ein Mitarbeiter des Erlanger Ausländeramtes bezeichnet.

Nach einer Pressekonferenz Ende November wird in Erlangen und teilweise auch bayern- und deutschlandweit heftig über den Umgang des Erlanger Ausländeramtes mit Ausländern diskutiert. Der Vorwurf lautet, dass dort der Ermessensspielraum der Beamten häufig deutlich zu Ungunsten der Menschen ausgenutzt wird.

Einen Überblick über die zahlreichen Presseberichte zu dem Thema (von Erlanger Nachrichten über SZ bis zur taz) findet ihr findet ihr beim Flüchtlingsrat Bayern.

Und einen ersten Überblick, um was es überhaupt geht, bietet dieser Beitrag, der letzte Woche im TV-Magazin quer gezeigt wurde:

Inzwischen wurde bekannt, dass dieser Mitarbeiter (»Sheriff Gnadenlos«) das Amt wechseln wird.  Ich denke aber nicht, dass damit das Problem gelöst ist. Denn was bei dem quer-Bericht leider nicht so deutlich wird, ist, dass es bei den Vorwürfen nicht nur um diesen einen Beamten geht, sondern um eine Tendenz, die sich anscheinend durch große Teil der Arbeit des Ausländeramtes durchzieht. Außerdem ist es kein Phänomen, das erst in den letzten zwei, drei Jahren auftauchte. Sowohl Mitglieder des Erlanger Ausländer- und Integrationsbeirates als auch in der direkten Flüchtlingshilfe Aktive sagen, dass das Problem schon seit Jahren bekannt ist und es auch immer wieder Gesprächsversuche mit der Stadtverwaltung und Politik gegeben hat.

Ein in Erlangen lebender Ausländer hat mir außerdem erzählt, dass aus seiner Erfahrung viele Ausländer – egal welcher sozialer Schicht– es so weit wie möglich meiden, sich in Erlangen anzumelden und hier eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Studenten, die in Erlangen studieren wollen, suchen daher häufig eher eine Wohnung in Nürnberg, um mit dem Erlanger Ausländeramt nichts zu tun haben zu müssen. Andere behalten die deutsche Stadt, in der sie vorher gelebt haben, als Hauptwohnsitz und melden sich nur mit dem Zweitwohnsitz in Erlangen an. Für mich sprechen das und weitere Berichte von Bekannten, die persönliche Erfahrungen mit dem Ausländeramt hatten, eine deutliche Sprache.

Nun hat sich die katholische Pfarrgemeinde Herz Jesu in einem offenen Brief zu Wort gemeldet. Da mir der Brief nicht vorliegt, zitiere ich aus dem Bericht der Erlanger Nachrichten:

Die Verfasser sprechen sich in dem Schreiben dafür aus, dass die Flüchtlinge die Gewissheit haben sollen, „dass die Behörden, die unsere Gesellschaft vertreten, bereit sind, ehrlich, effizient und ernsthaft ihre bestehenden gesetzlichen Handlungsmöglichkeiten zum Wohl der Hilfesuchenden anzuwenden.“

Konkret setzt sich die katholische Pfarrgemeinde Herz Jesu für „verbindliche Leitlinien“ für den Umgang der Ausländerbehörde mit Flüchtlingen ein: „Die Gnade Jesu war immer besonders auf die Armen und Schutzlosen gerichtet. Als Christen sehen wir unsere Aufgabe darin, den Schwachen, die nicht gehört werden, eine Stimme zu geben.“

Den Brief hätte ich gerne auch unterschrieben.

Denn ich sehe in der Bibel, in der Flucht und Migration von den ersten Kapiteln an ein Thema sind, eine klare Linie zum Umgang mit Ausländern. Levitikus 19,33-34 habe ich ja hier schon einmal zitiert:

»Wenn sich ein Ausländer bei euch niederlässt, sollt ihr ihn nicht ausbeuten. Den Ausländer, der bei euch wohnt, sollt ihr wie einen von euch behandeln und ihr sollt ihn lieben wie euch selbst. Denn ihr selbst wart einst Fremde in Ägypten. Ich bin der Herr, euer Gott.«

Auf Jesus, der selbst auch Flüchtling war, ging der offene Brief ja schon ein. Ich möchte hier nur noch Jesu Aussage in Matthäus 25,35 erwähnen:

»Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen.«

Ich wünsche mir, dass Menschen, die sich auf den weiten Weg ins schöne Erlangen gemacht haben, sagen können:

»Ich bin nach Erlangen gekommen und wurde herzlich aufgenommen.«

Und ich frage mich, wie ich als Erlanger Ausländer herzlich aufnehmen kann.

Proteste

Vier kurze Gedankenblitze zu den weltweiten Protesten:

1. Manchmal kommt die Frage auf, wie Jesus vor der Zeit von Megafonen und PA-Anlagen geschafft hat, zu so vielen Menschen gleichzeitig zu sprechen. Ja, manchmal ist er mit einem Boot aufs Wasser raus gefahren und hat die gute Akustik des Wassers genutzt. Aber bei der Bergpredigt?

Vielleicht hat er es ja so gemacht, wie die Occupy Wall Street-Demonstranten, die die Verwendung von Megafonen und PA-Anlagen verboten wurde:


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2. Auch Jesus wurde auf der Wall Street gesehen:

(Foto: Jesus Needs new PR)

Und noch ein Bild zum gleichen Thema:

(Bild: JP Trostle auf Facebook)

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3. Nein, die Proteste am 15. Oktober gingen weder von New York aus, noch waren sie allein gegen Banken gerichtet – auch wenn die meisten Medien dies so darstellen. Der Aufruf, weltweit am 15. Oktober zu demonstrieren, ging bereits im Juni von den Protesten in Spanien aus, die wiederum vom Arabischen Frühling inspiriert waren. Mehr dazu hier.

Um zu erfahren, um was es geht, lohnt die Lektüre des spanischen Manifests, dessen deutsche Übersetzung u.a. auf der Seite von „Echte Demokratie jetzt! Erlangen“ zu finden ist.
Lesenswert ist auch der Artikel bei „the ambassador“.

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4. Fällt mir gerade nicht mehr ein. Daher weise ich einfach auf den aktuellen Artikel von Peter Aschoff hin: Albern – warum eigentlich nicht?

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5. Jetzt fällt es mir wieder ein. Ich wollte euch noch den aktuellen Fluter zum Thema Proteste empfehlen (kann man übrigens kostenlos abonnieren).

 


Nachtrag (18:27 Uhr):
So wird das in Berlin umgesetzt 😉

Hühnertod

Erlanger denken bei diesem Titel zuerst an einen Imbiss.

Wer heute schon Nachrichten gelesen hat, denkt vielleicht auch an die 117.000 Hühner, die wegen eines Stromausfalls in einem Mastbetrieb in Sachsen-Anhalt am Samstag gestorben sind.

»Häh?« frage ich mich da: »wofür brauchen Hühner Strom?« – Die Antwort lautet: für die Lüftung. Denn schon nach einer halben Stunde ohne Lüftung sind alle tot. Super. Soweit zum Thema ›artgerechte Tierhaltung‹.

Mehr zum Thema Hühner (und auch Dalai Lama, Malediven, Euter) gibt’s im folgenden Video vom genialen Hagen Rether, bei dem einem häufiger das Lachen im Hals stecken bleibt:

(Video via Tobi)

Und wenn ihr schon dabei seid, sollt ihr euch dieses Video von Rether auch noch anschauen.

Revolution gegen die Konsumgesellschaft?

Hat in Spanien eine Revolution gegen die Konsumgesellschaft begonnen?

Das Manifest der #spanishrevolution endet auf jeden Fall mit folgenden Sätzen:

Wir brauchen eine ethische Revolution. Anstatt das Geld über Menschen zu stellen, sollten wir es wieder in unsere Dienste stellen. Wir sind Menschen, keine Produkte. Ich bin kein Produkt dessen, was ich kaufe, weshalb ich es kaufe oder von wem.

Im Sinne all dieser Punkte, empöre ich mich.
Ich glaube, dass ich etwas ändern kann.
Ich glaube, dass ich helfen kann.
Ich weiß, dass wir es gemeinsam schaffen können.

Geh mit uns auf die Straße. Es ist dein Recht.

Dies ist eine Übersetzung von Spreeblick, wo man in zwei Artikeln auch mehr über die Proteste lesen kann.