sakralsäkular

Das Gespräch “Ein Highlight aus Greifswald” beschäftigt mich noch immer (in Kombination mit Gesprächen, die ich selber schon geführt habe und Gedanken, die ich gerade lese). Neben der Frage, ob etwas nachvollziehbar ist, über die ich gestern schrieb, gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, warum es traditionell-evangelikal denkenden Menschen schwer fällt, “emergentes” Handeln und Denken zu verstehen: Die aufgehobene Trennung zwischen säkular-weltlichen und sakral-göttlichen Dingen.
Eddie Gibbs & Ryan K. Bolger schreiben darüber in Emerging Churches ein ganzes Kapitel (Kapitel 4: “Transforming Secular Space”):

Bei “Sakralisation” [dem Prozess alles im Leben sakral/geistlich/heilig zu machen] geht es in Emerging Churches um eine Sache: Die Zerstörung der sakral/säkular-Aufteilung der Moderne. Die Moderne war geprägt von der Geburt der Idee des säkularen Raums, das ist die Idee eines Bereichs ohne Gott. Vor dieser Zeit waren in jeder Kultur alle Bereiche des Lebens geistlich; es war unmöglich einige Handlungen als “religiös” und andere als nicht zu bezeichnen. […]
Der Postmoderne (oder Nicht-Moderne) geht es um die Heiligkeit des ganzen Lebens. Für Emerging Churches bedeutet das, das ganze Leben an Gott in Anbetung zu übergeben und das Handeln Gottes in ehemals ungeistlichen Dingen oder Aktivitäten zu erkennen.

[Gibbs/Bolger, Emerging Churches, 66 – eigene Übersetzung]

Wenn ich von dieser sakral/säkular-Aufteilung ausgehe, kann ich natürlich den Sinn eines Cafés ohne klar evangelistisches Ziel nicht so gut erkennen. Auf diese Trennung bzw. auf die Nicht-Trennung weisen auch Onkel Toby und Depone in ihren Kommentaren hin.
Auch Gofi schreibt darüber in dem gestern zitierten Artikel in ZeitGeist unter der Überschrift “Alles ist Gottesdienst” (dort berichtet er auch von der faszinierenden “Chaos-Kirche” bei ihm zu Hause).
Ja, alles ist Gottesdienst (vgl. Römer 12,1-2 & 1. Korinther 10,31)!
Ich möchte Gottes Handeln überall sehen – an vielen Stellen kann ich es auch schon erkennen.
Ich möchte eine Tasse Kaffee genießen, ich möchte Gott genießen.
Ich möchte mitwirken, wo Gott schon wirkt.
In dieser Welt.


PS: Mir geht es in diesen Einträgen nicht darum, auf Evangelikalen herumzutrampeln oder so, ich bin ja selbst einer…

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6 Gedanken zu „sakralsäkular“

  1. aber. oder nee, doch kein aber. wer hat denn die aufhebung dieses unterschiedes ausgerufen? die begriffliche unterscheidung und auch die konkrete unterscheidung (z.b. in der trennung von kirche und staat) scheint für uns nach-moderne menschen immer noch ganz praktisch und praktikabel zu sein.

    ich selbst würde ungern in einer gesellschaft leben, in der religion keinen eigenen wert hätte, sondern irgendwie mit politik und im schlimmsten fall mit staatlicher macht vermengt wäre, die mir gegenüberstünde.

    und es scheint ja auch gerade der reiz zu sein beides miteinander zu verbinden, aber trotzdem noch so, dass beides, das sakrale und das säkulare, seine identität irgendwie behält.

  2. Mmmh, da muss ich dir schon irgendwie zustimmen, für die Trennung Kirche und Staat bin ich auch. Meine Gedanken bezogen sich eher auf “persönliche” Ebene. Denn für mich als Christ ist mein ganzes Leben etwas Geistliches, auch wenn ich mich politisch engagiere.
    Oh, ich bin irgendwie nicht zu klaren Gedanken fähig gerade…

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